Andrea Köhler: "Scham. Vom Paradies zum Dschungelcamp"
zu Klampen Verlag, Springe 2017
152 Seiten, 16 Euro
"Wer beschämt wird, ist furchtbar allein"
Die Journalistin und Autorin Andrea Köhler hat ein Buch über die Scham geschrieben. Im Interview spricht sie von einem sehr existentiellen Gefühl mit der "Angst als Grundierung": "Scham kann Menschen in den Selbstmord treiben."
"Scham. Vom Paradies zum Dschungelcamp" heißt das neue Buch der Autorin Andrea Köhler. Sie ist Kulturkorrespondentin der "Neuen Zürcher Zeitung" in New York und hat einen wunderbaren Essay mit hoher literarischer Qualität geschrieben.
Scham trifft Körper und Seele zugleich. Sie kann uns helfen, integer zu bleiben, sie kann uns aber auch vernichten. Köhler spricht von einem der existentiellsten Gefühle überhaupt. Vom wichtigen "inneren Gleichgewicht", das in manchen Kulturen wieder hergestellt werden muss, wenn die Ehre verletzt wurde, und in Extremfällen den Ehrenmord folgen lässt.
Ein Mann hat stark zu sein
Aber auch der Suizid kann dem Beschämten als Ausweg erscheinen. Scham habe eine vernichtende Komponente, sagte Köhler im Deutschlandfunk Kultur:
"Wer beschämt wird, ist furchtbar allein."
Die Anlässe für Scham haben sich besonders bei den Frauen im Laufe der Zeit verschoben: Galt früher ein nackter Fuß als anstössig, seien es heute körperliche Makel, die Frauen beschämen, so Köhler:
"Man fühlt sich angeschaut ... und möchte so nicht gesehen werden."
Die Männer schämten sich hingegen, wenn sie weich oder weiblich erscheinen. Besonders in der amerikanischen Kultur gelte noch:
"Ein Mann hat stark zu sein." (ahe)