Auf der vergeblichen Suche nach dem Traumjob
Akademiker ohne Job? Das gibt’s doch gar nicht - sagt die Statistik. Doch die Zahlen täuschen: Gerade in begehrten Großstädten wie Berlin hangeln sich viele junge Akademiker von Praktikum zu Job zu Praktikum. Unsere Autorin hat einen von ihnen bei der Suche begleitet.
"Es ist halt schwierig in der jetzigen Konstellation einfach, da ja immer noch dran zu bleiben. Es geht nicht darum, morgens aufzustehen, aber es ist einfach sehr kräftezehrend, immer wieder diesen Bewerbungsmarathon auf sich zu nehmen... Es ist halt wirklich schwierig."
Seit 2012 hat Jonas Pauli einen Master in Geschichte in der Tasche. Journalist will er werden oder eine Stelle in der Pressearbeit finden. Und erst einmal sah auch alles gar nicht so schlecht aus. Nach dem Studium absolvierte der heute 31-Jährige ein Praktikum, das in eine Trainee-Stelle münden sollte. Doch - es blieb nur beim Praktikum.
"Ich hab kein Jahr gearbeitet, sondern war dann direkt auf Hartz IV und nicht auf Arbeitslosengeld."
Weitere Praktika? Sind Tabu
Das Jobcenter sagt, Praktika sind tabu. Pauli soll Geld verdienen. Vergeblich bewirbt er sich über zwei Jahre auf Volontariate.
"Ehrlich gesagt hatte ich nach dem Praktikum die Hoffnung schon echt aufgegeben, also es war echt so mit letzter Kraft noch Bewerbungen schreiben und sich möglichst gut präsentieren. Einfach so nach zwei Jahren ist man schon ziemlich über die Wupper."
Die Situation am Berliner Arbeitsmarkt ist schwierig: Jedes Jahr drängen Tausende AbsolventInnen von vier Berliner Universitäten, sieben Fachhoch- und vier Kunsthochschulen und über 30 privaten auf den Arbeitsmarkt. Hinzu kommen weitere Bewerberinnen und Bewerber aus anderen Städten, die ähnlich wie Pauli vom hippen Berliner Flair angezogen sind. Die Wirtschaft kann sich so die Crème de la Crème aussuchen. Bewerber wie Pauli mit wenig Erfahrung haben es schwer.
"Da wird einem zuweilen schon relativ deutlich gemacht, dass andere Leute da einfach viel besser dastehen."
Berlin ist ein hartes Pflaster
Um mit den Bewerberinnen und Bewerber auf dem Berliner Arbeitsmarkt mithalten zu können, macht der ehemalige Student noch ein Fernstudium in Journalismus. Und das Jobcenter erlaubt ihm doch noch ein weiteres Praktikum, das ihm die Tür in den Arbeitsmarkt wieder öffnen könnte.
"Und da war das dann ganz cool, da lief es genau so, wie es beim ersten Praktikum angekündigt war, ich war dann auf einmal Assistent für eine Elternzeit und dann auf einmal Projektleiter für sieben Monate und da war dann Schluss."
Bis heute. Seit über einem Jahr sitzt Pauli, der mittlerweile Vater ist, nun immer wieder in der Amerika-Gedenk-Bibliothek in Berlin-Kreuzberg und schreibt Bewerbungen: den ganzen Tag, vier bis fünf Mal die Woche. Das Geld für die Familie verdient seine Freundin. Bald muss eine größere Wohnung her. Aber wegen der steigenden Mieten braucht die junge Familie ein zweites Einkommen und das stellt sich trotz Vorstellungsgesprächen einfach nicht ein.
"Gerade wenn man schon denkt man würde jetzt endlich von der Straße kommen und den Job dann endlich kriegen, vielleicht auch in einer Umgebung in der man sagt, das passt alles und man da auch wirklich Zeit investiert, diese ganzen verschieden gestaffelten Bewerbungsprozedere durchzugehen und dann am Ende einfach so gesagt bekommt: ´Ja, sorry, du bist nicht in der engeren Wahl.` Da muss man... manchmal ist es ein halber Tag, manchmal ein kurzer Moment, wo man sich denkt, da hat einfach was nicht gepasst oder so. Aber es kann dann auch sein, dass man eine Woche einen Hänger hat - oder länger."
Die Vision vom idealen Job ist futsch
Doch eigentlich dürfen die Hänger nicht zu lange dauern, das weiß der Wahl-Berliner auch. Umso länger er keine Arbeit hat, desto schlechter stehen seine Chancen eine zu bekommen - gerade in Berlin. Die Vision von einem Traumjob hat der 31-Jährige schon aufgegeben.
"Ich find’s schwierig, wenn man Wunsch und Realität hat und man die Realität aber auch immer wieder ins Gesicht geschrien bekommt: 'Ja, sorry, du bist nicht in der engeren Wahl' - dann immer noch dieses Wunschkonstrukt aufrecht zu erhalten. Es ist einfach umgekehrt. Man muss in Berlin schon das nehmen, was man bekommt."