Kann ein Autopilot haftbar gemacht werden?
Wer haftet, wenn ein selbst fahrendes Auto einen Unfall baut? Wie soll ein solches Auto sich in prekären Situationen verhalten? Für Kinder bevorzugt bremsen? Fragen, denen sich neun Monate eine Ethikkommission gewidmet hat. Jetzt legt sie ihren Bericht vor.
Seit heute steht es schwarz auf weiß: Das automatisierte Fahren bringt eine ganze Reihe von rechtlichen Zwickmühlen mit sich wie Haftungsfragen, Datenschutz oder das Verhalten bei Unfällen.
Udo di Fabio, ehemaliger Verfassungsrichter und Vorsitzender der Ethik-Kommission des Verkehrsministeriums, sagt noch mal explizit, dass nicht Maschinen haftbar gemacht werden können:
"Was die Haftung angeht, muss immer klar sein, wer an welcher Stelle die Verantwortung trägt. Das ist für unser Rechtsverständnis, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt, von zentraler Bedeutung."
Wenn der Fahrer zeitweise zum Passagier wird, geht die Verantwortung auf andere über, so di Fabio:
"Der Computer entscheidet nicht, die Software entscheidet nicht. Es sind immer Menschen, die dafür verantwortlich sind. Es ist dann der Produzent oder Betreiber auch einer Software, der dann in die Haftung genommen wird."
Wie feingliedrig und kompliziert die Haftungsfrage beim automatisierten Fahren ist, zeigt der Bericht der Ethik-Kommission. Darin zählen sie insgesamt zehn Personen auf, die im Falle eines Unfalls haftbar gemacht werden könnten. Neben Fahrer und Programmierer kommen noch Straßenplaner – und bauer, oder Mobilfunkbetreiber dazu. Ausreichende Gesetze gibt es dafür bislang noch nicht.
"Wen muss man denn bevorzugt niederfahren?"
Eine der Kernfragen ist auch die nach der Rettung von menschlichem Leben. Soll und darf es Prioritäten geben? Nein, sagt di Fabio:
"Wen muss man denn bevorzugt niederfahren? Jedes Menschenleben ist gleich, das in unserer Verfassungsordnung zu betonen, ist fast trivial. Aber das heißt, dass eine Selektion nach Mann, Frau, Alter, dass das unzulässig ist."
Das heißt, ein automatisierter Wagen darf nicht für Kinder bevorzugt bremsen.
Die nächste Baustelle ist der Datenschutz. Beim automatisierten Fahren kommt es – so Dobrindt – zu einer wahren Daten-Explosion. Denn der Wagen kommuniziert mit anderen Verkehrsteilnehmern, mit Sensoren auf der Strecke, greift auf Karten-Material zu.
Dieser Datenfluss weckt natürlich auch wirtschaftliche Begehrlichkeiten, lassen sich so doch Nutzungsprofile erstellen. Der Verkehrsminister mahnt:
"Dass die Souveränität bei demjenigen, der die Daten produziert, erhalten sein muss. Das heißt, auch die Fahrer werden zukünftig darüber entscheiden müssen, wie mit ihren Daten umzugehen ist."
Die Ethik-Kommission schlägt beispielsweise vor, dass Daten an andere Verkehrsteilnehmer zum Schutz nur anonymisiert weitergegeben werden.
Dobrindt sieht mehr Chancen als Risiken
Aber, darauf weist Verkehrsminister Alexander Dobrindt noch mal hin, er sehe prinzipiell beim automatisierten Fahren mehr Chancen als Risiken:
"Dass automatisierte und vernetzte Fahrten sogar ethisch geboten sind, weil sie weniger Unfälle verursachen als menschliche Fahrer."
14 Wissenschaftler saßen zur Lösung der ethischen Fragen im Auftrag des Verkehrsministeriums zusammen, darunter Informatiker, Philosophen, Vertreter des ADAC, Geistliche. Seit September hatten sie diese Fragen erörtert, nun ihre Erkenntnisse in 20 Thesen gegossen. Pionierarbeit haben sie geleistet, lobt der Verkehrsminister.
Und doch zeigt ihre Arbeit auch, wie viele ethische Fragen mit dieser neuen Technologie zusammenhängen. Und wie viele Fragen noch ungelöst sind.