Bascha Mika: Für Dialog statt Polizei
Die Besetzung der Volksbühne ist heute von der Polizei friedlich beendet worden. Ein Künstlerkollektiv hatte das Theater vor einer Woche besetzt. Der neue Intendant Dercon stellte Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Die Journalistin Bascha Mika findet das nicht besonders sympathisch.
Der Intendant Chris Dercon hat den Spielplan so gestaltet, dass das Haus der Volksbühne erst im November bespielt wird. Derzeit finden die Vorstellungen nur auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof statt, der als zweiter Spielort gedacht ist. Susanne Burkhardt berichtet von vor Ort:
"Es geht nicht explizit gegen die Person von Chris Dercon. Es geht darum, einen öffentlichen Raum zu schaffen und diese Leerstelle mit ganz verschiedenen Veranstaltungen zu füllen. Und es wurde [von den Besetzern – die Redaktion] immer wieder eingeladen zu einem großen Gesamtkunstwerk."
"Endlich ist wieder Leben im Haus"
Darin stecke auch eine gewisse Anmaßung, sagt Burkhardt. Dennoch erhalte das Kollektiv "Staub zu Glitzer", das die Besetzung gestartet und sich inzwischen in VB61-12 nach einer Atomrakete umbenannt hat, auch prominente Unterstützung:
"Inzwischen haben die jungen Leute, es sind vor allem Studenten, auch von den alten Volksbühnen-Mitstreitern sehr viel Unterstützung bekommen. Leonore Blievernicht, die Witwe von Bert Neumann, hat den Leuten ihren Respekt gezollt. Sie sagt, das wäre die schönste Spielzeit-Eröffnung. Endlich ist wieder Leben im Haus."
"Meine Sympathie gehört den Besetzern", sagt der ehemalige Intendant der Volksbühne Frank Castorf heute in der "Süddeutschen Zeitung". Darauf entgegnet Bascha Mika, Chefredakteurin der "Frankfurter Rundschau":
"Es ist die Eitelkeit alter Männer und die Kränkung, dass er seinen Einfluss verloren hat. Ich finde, das ist nicht besonders fair. Aber die ganze Auseinandersetzung um die Volksbühne ist nicht sonderlich fair verlaufen. Wenn man sich den heutigen Intendanten Dercon anguckt: Eine Besetzung mit Polizei zu beenden, ist natürlich auch gerade nicht besonders sympathisch. Ich glaube, diese Besetzer können nervig sein, auch anmaßend. Dennoch denke ich, dass es darum gehen muss, gerade in einer Kulturstätte nicht gerade mit Polizeiwannen aufzufahren, sondern es tatsächlich im Dialog zu versuchen."
Dercon habe den Besetzern nach langen Verhandlungen angeboten, den Grünen Salon zu bespielen und auch den Pavillon neben dem Haus, berichtet unsere Reporterin Susanne Burkhardt: "Das finde ich ein sehr großzügiges Angebot. Und ich bin überrascht, dass die Besetzer das nicht angenommen haben."