Michael Opitz: Wolfgang Hilbig. Eine Biographie
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main
672 Seiten, 28,00 Euro
Ein Betriebsheizer, der Welt-Literatur schrieb
Eine neue Biographie beleuchtet Leben und Werk von Wolfgang Hilbig. Biograph Michael Opitz hält sein Werk für außergewöhnlich bedeutend – und erzählt von einem Mann, der nur dann wirklich glücklich war, wenn er am Schreibtisch saß und schrieb.
Zehn Jahre nach seinem Tod ist nun eine große Biographie über Wolfgang Hilbig erschienen. Geschrieben hat sie der Literaturwissenschaftler und Publizist Michael Opitz, der fünf Jahre lang intensiv in Hilbigs Nachlass in der Akademie der Künste und an vielen anderen Orten recherchiert und auch Stasi-Akten gewälzt hat. Die Absicht von Opitz: Hilbigs Schreiben wieder mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Er wolle, "dass man von der Biographie eine Brücke schlägt zum Werk", so Opitz im Deutschlandfunk Kultur. Schließlich handele es sich um "Welt-Literatur".
Geheimnisvoller Außenseiter
Der 1941 in Meuselwitz bei Leipzig geborene und 1985 in die Bundesrepublik übergesiedelte Autor gilt mit seiner Prosa und seinen Gedichten als einer der sprachmächtigsten Autoren der deutschen Literatur – und als einer ihrer geheimnisvollsten Außenseiter. Er wurde in den Krieg hineingeboren und habe beim Schreiben immer wieder die eigene Herkunft hinterfragt, so Opitz. Der Großvater von Hilbig war Analphabet, und Hilbig selbst wurde nur wenig Bildung zuteil. Er war ein schreibender "Autodidakt": Dass Hilbig so gut mit Sprache umgehen konnte, sei ihm selbst ein Rätsel gewesen, das er nicht habe lösen können, berichtet Opitz.
In der DDR arbeitete Hilbig viele Jahre als Heizer in einem staatseigenen Betrieb – er suchte sich den Beruf aus, um Zeit zum Schreiben zu haben. Ende der 70er Jahre machte er sich dann als Schriftsteller selbständig. Mitte der 80er Jahre reiste er in den Westen aus, und habe ohne Freunde und Kontakte erst einmal einen "Absturz" erlebt, sagte Opitz. Zugleich kam er nun in den westdeutschen Literaturbetrieb hinein, wurde mit Preisen geehrt, was ihm einerseits half, andererseits aber neue Verpflichtungen und Ablenkungen bedeutete.
Preise ja, Dankesreden nein
"Preise sind schön, aber dann wollten sie Dankesreden haben für diese Preise, er musste dahin fahren, und das hat ihn alles irgendwie gestört. Er wollte am liebsten an seinem Tisch sitzen und Literatur verfassen. Man muss sich Wolfgang Hilbig nur dann als einen glücklichen Menschen vorstellen, wenn er am Tisch saß, ein Blatt Papier vor sich hatte, den Füllfederhalter in der Hand, und das Schreiben ihm leicht von der Hand ging. Nur dann war er in seinem Element."
Hilbig starb am 2. Juni 2007 in Berlin. Kurz vor seinem Tod habe sich der Schriftsteller vom autobiographischen Arbeiten verabschieden und "etwas ganz Anderes machen", noch einmal "anders ansetzen" wollen, so Opitz. Hilbig kam nicht mehr dazu. (ahe)