"Hier wird ein Mensch ummontiert"
"Brecht in der Autowerkstatt" heißt der Abend, den Olaf Nicolai mit der Dramaturgin Sabrina Zwach konzipiert hat. Dabei wird auch ganz real ein Mercedes repariert. Welcher prominenten Fahrerin er einst gehörte, verrät Olaf Nicolai in unserem Gespräch.
Die Veranstalter, das Berliner Ensemble und die Kunstwerke Berlin, geben sich in ihrer Ankündigung zur aktuellen Premiere betont mysteriös. Der Spielort, eine Kfz-Werkstatt im Prenzlauer Berg, wird erst beim Kartenkauf verraten und zu sehen sein soll dann die Reparatur eines alten Mercedes-Ponton aus dem Besitz einer prominenten Fahrerin. Theater wird aber auch noch gespielt an diesem Abend, der "Brecht in der Autowerkstatt" heißt und den der Künstler Olaf Nicolai gemeinsam mit der Dramaturgin Sabrina Zwach konzipiert hat. Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur verrät Olaf Nicolai, was ihn am vierrädrigen Hauptdarsteller seiner Performance fasziniert hat:
"Das ist ein Mercedes, der 1967 in die DDR eingeführt worden ist und nicht irgendwohin, sondern an das Berliner Ensemble. Und er ist als personengebunden im Fahrzeugbrief bezeichnet für eine Person namens Helene Weigel. Das macht dieses Auto in gewisser Weise doch natürlich etwas besonders, denn wenn man hätte ein Auto kaufen wollen, hätte durchaus auch eine andere Option möglich sein können – Wartburg war auch nicht so ein schlechtes Auto. Aber es war eben ein Mercedes und der wurde eben für eine Institution angeschafft, die jetzt nicht unbedingt dafür berühmt ist, dass sie Werbung für westliche Produkte macht."
"Mann ist Mann" während der Autoreparatur
Während der Performance soll dieser Mercedes nun von echten Kfz-Mechanikern repariert werden, während die Schauspieler Bertolt Brechts Lustspiel "Mann ist Mann" lesen und spielen. Für Nicolai sollen bei diesem Aufeinandertreffen die Werkstattarbeit und Theaterarbeit laborartig miteinander reagieren:
"Auf alle Fälle ist es ganz wichtig, dass dieses Auto nicht einfach zu einem Requisit im Theater werden sollte. Sondern dass es mit dem Potenzial, was es hat, auch wirklich als Auto in diese Inszenierung eintritt. Und mit Inszenierung meine ich nicht die Theaterinszenierung, also nicht das Stück, was auch in der Werkstatt eine Rolle spielt, sondern das gesamte Gefüge. Jemand hat das mal als ein Readymade bezeichnet, dass das Auto in der Werkstatt ist und wirklich repariert wird und dass es eine Werkstatt ist, die auch nicht als Werkstatt inszeniert wird, sondern eine reale Werkstatt. Und genauso sind die theatralischen Elemente, die in dieser Werkstatt neben dem Auto und mit dem Auto zu sehen sein werden, auch Readymades – das Readymade des Theaters."
Arbeit und den Prozess sichtbar machen
Am Ende soll eine Sichtbarmachung von Arbeit und Arbeitsprozessen stehen, die in Olaf Nicolais Kunst seit langem eine Rolle spielt.
"Ich glaube, das wissen fast alle, dass die Dinge, mit denen sie zu tun haben, Produkte sind, an deren Produktion sie irgendwie mitbeteiligt sind oder die sie in Weise, wenn sie sich mit ihnen beschäftigen wollen, reflektieren sollten. Und mich interessiert eben genau diese Möglichkeit, ohne dass sie vordergründig inszeniert wird. Ich habe vor einiger Zeit, zehn oder fünfzehn Jahren, als VW in Dresden eine gläserne Manufaktur gebaut hat, mich damit mal beschäftigt, wie sozusagen etwas ausgestellt wird, was eine Ware ist, die relativ selten geworden ist, nämlich Arbeit.
Und das wird dann auch noch ausgestellt in einer Umgebung, in der viele Leute sind, die diese Ware, nämlich ihre Arbeit, gar nicht mehr verkaufen können. Und vor diesem Hintergrund sehe ich auch diese Inszenierungen, diese Manufactum-Ideologie. Und ich glaube eben nicht, dass wir mit irgendwelchen sehr schönen, gut produzierten, handwerklichen Dingen irgendetwas Wesentliches an den ökonomischen Verhältnissen verändern. Da bedarf es glaube ich anderer Überlegungen und auch Handlungen."