"Alltägliches Miteinander viel stärker in den Blick nehmen"
Intendanten, Verwaltungsdirektoren und Kulturpolitiker haben sich zum Jahrestreffen des Deutschen Bühnenvereins in Lübeck eingefunden. Dabei wurde ein Verhaltenskodex zum Schutz gegen sexualisierte Übergriffe und Machtmissbrauch verabschiedet.
Zuerst stand man bei der Formulierung des Verhaltenskodexes vor der Frage, was eine sexuelle Belästigung sei, so der Vorsitzende der Intendantengruppe des Bühnenvereins, Hasko Weber. Deswegen sei die im Kodex enthaltene Detailliertheit, um die man sehr gerungen habe, eine gute Grundlage, darüber in Verständigung zu kommen:
"Denn darum geht es ja hauptsächlich: Dass dieser Kodex ein Bewusstsein anregt, und das kann nur aus der Kommunikation in den einzelnen Häusern und Orchestern entstehen."
Respektlosigkeit gehört in keine Probensituation
Theaterhäuser seien ja durchaus spezielle Betriebe, sagt Weber: "Es wird immer dabei bleiben, dass man sich im künstlerischen Vorgang anders aufeinander einlässt als beim gemeinsamen Busfahren." Die Vereinbarung auf der Probe, Dinge zu tun, die auch außergewöhnlich sein könnten, schließe den gegenseitigen Respekt mit ein.
Eine Probensituation sei also kein Freiraum in dem einfach Dinge erlaubt seien, sondern es seien Dinge erlaubt, die man auf besondere Art und Weise miteinander arrangiert habe: "Jede Form von Respektlosigkeit gehört da genauso wenig hin wie in einer alltäglichen Situation."
Er glaube zwar, dass das Klischee, dass Regisseure mitunter Schauspielerinnen und Schauspieler zu etwas zwängen, dass diese nicht wollten, sehr selten zuträfe, aber trotzdem gelte es dort, genauer hinzuschauen und sich eventuell neu zu arrangieren.
Kodex als Vorlage für Diskussionen im Ensemble
"Mir ist es mit dem Kodex sehr darum gegangen, dass man das alltägliche Miteinander insgesamt viel stärker in den Blick nimmt als nur die Probensituation.", meint Weber. Er wünsche sich, dass der Kodex sozusagen als Anregung oder Vorlage in Gespräche oder Ensembleversammlungen mitgenommen werde. "Man denkt ja sehr oft, dass in den eigenen Verhältnissen, für die man zuständig ist, eigentlich alles ganz okay ist. Aber die Scheuklappen wachsen ja, je länger man irgendwo ist."
Daran, dass in der Debatte wirklich etwas in Bewegung geraten sei, glaube er fest, sagt Weber. Es sei ja heutzutage völlige Normalität, dass man in öffentlichen Räumen nicht rauche. Zu Beginn dieser Entwicklung hin zu einer Nichtraucherregelung habe man sich diese Normalität nicht vorstellen können. Deswegen glaube er, dass, wenn man etwas ins Gespräch bringe, offen debattiere, sich das Verhalten ändern könne.