Kleine und mittlere Theater sind existenziell bedroht
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NRW hat neue Coronaregeln für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen erlassen. Marc Grandmontagne vom Deutschen Bühnenverein sieht Theater dadurch stark eingeschränkt. Dabei seien sie nicht für steigende Infektionszahlen verantwortlich.
Theaterschaffende kritisieren einen neuen Corona-Erlass in Nordrhein-Westfalen (NRW). Demnach sollen ab einem bestimmten Inzidenzwert bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen maximal 250 Teilnehmer bei höchstens 20 Prozent Auslastung anwesend sein dürfen. Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins, sieht besonders kleine und mittlere Privattheater akut in ihrer Existenz bedroht.
Theater sind keine Orte der Infektion
"Wir halten den Erlass für völlig verfehlt und haben ihn deswegen auch kritisiert", sagt Grandmontagne. "Es gibt bisher keine einzige nachgewiesene Infektion in einem Theater, nicht in Deutschland, nicht in Österreich, also nicht in Wien, Salzburg, auch nicht in der Schweiz, soweit wir wissen. Und insofern ist das überhaupt kein Ort, der irgendwie tauglich ist, um diesem steigenden Inzidenzwert zu begegnen."
Die gute Bilanz sei natürlich den bisherigen Maßnahmen geschuldet. Man sei in den letzten Monaten in engem Schulterschluss mit Kommunen, Bund und Ländern gewesen, und jedes Haus habe ein Hygienekonzept ausgearbeitet. Die moderne Raumlufttechnik, die die großen Häuser alle hätten, sorge außerdem dafür, dass sie sichere Orte seien. Das sei auch von Experten des Umweltbundesamtes bestätigt worden.
Die Auslastung unter dem bisher geltenden strengen Regelkorsett in NRW hätte theoretisch sogar eine Bestuhlung zu 100 Prozent erlaubt. Tatsächlich habe sich die Auslastung aber wegen des nachvollziehbaren Sicherheitsbedürfnisses des Publikums um die 50 Prozent bewegt. "Und das ist jetzt von einem auf den anderen Tag nicht mehr möglich, ohne dass es dafür einen objektiven Grund gibt."
Verheerende Situation für Künstler
Besonders betroffen seien die kleinen und mittleren Theater und insbesondere die Privattheater. Da werde das sehr schnell existenzbedrohend, sagt Grandmontagne.
"Besonders für die Künstlerinnen und Künstler, sowohl für die angestellten, als auch für die freien ist das eine absolut verheerende Situation, also auch eine, die psychisch-emotional zu wirken beginnt. Wenn sie ihren Beruf nicht richtig ausüben können, wenn sie nicht normal tanzen können oder normal im Orchester spielen oder singen oder spielen können, dann schlägt sich das früher oder später auf das Gemüt. Das muss man sehr ernst nehmen."
Man wisse natürlich, dass alle in einem Boot sitzen, und die Entwicklung der Pandemie kein Automatismus sei, sondern vom eigenen Verhalten abhänge. "Wir haben bisher bei uns einen sehr großen Konsens, eine große Bereitschaft gehabt, diese Regeln anzuwenden und sehr verantwortlich damit umzugehen. Insofern sind wir auch bereit und gehalten, uns so weit wie möglich einzuschränken."
(rja)