Debatte um Konzertabsage

Bauhaus Dessau will sich stärker politisch einmischen

Eine Nahaufnahme der Direktorin Claudia Perren
Claudia Perren, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau. © picture alliance / dpa
Claudia Perren und Philipp Oswalt im Gespräch mit Vladimir Balzer · 24.10.2018
Die heftige Debatte um die Konzertabsage an die Band Feine Sahne Fischfilet sieht Dessaus Bauhaus-Chefin Claudia Perren als Weckruf für die Veranstalter des Bauhaus-Jubiläums 2019. Man wolle sich in Zukunft stärker politisch positionieren.
Eigentlich hatte es im Berliner Kino International um das anstehende Bauhaus-Jubiläum 2019 gehen sollen. Nach der Debatte um die Konzertabsage an die linke Punkrockband Feine Sahne Fischfilet war der Saal auffallend voll. Vor Theaterintendanten, Kuratoren verschiedener Museen und Politikern ging Dessaus Bauhaus-Chefin Claudia Perren dann auch noch einmal auf ihre Entscheidung ein.
Sie nannte ganz praktische Gründe: "Ich bin für ein UNESCO-Weltkulturerbe verantwortlich. Daran ist jede Türklinke heilig. Wir müssen jeden Schritt mit der Denkmalschutzbehörde abstimmen. Es darf nichts verändert werden." Wenn der Eindruck entstehe, dass der Schutz des Gebäudes wichtiger sei als das, wofür die Institution Bauhaus ursprünglich stehe, müsse man auch darüber diskutieren.

Debatte um Konzertabsage als Weckruf

Der Vorwurf, eine künstlerische Produktion aus Angst vor rechtsradikalen Angriffen ausgeladen zu haben, treffe sie sehr, so Perren. Es habe sie aber auch erkennen lassen, dass ihre bisherige Strategie nicht funktioniert. Das Bauhaus müsse sich in Zukunft gesellschaftspolitisch einmischen.
Die intensive öffentliche Debatte um die Konzertabsage sieht Dessaus Bauhaus-Chefin Claudia Perren auch als Weckruf für die Veranstalter des Bauhaus-Jubiläums: "Wir müssen jetzt neue Wege entwickeln, wie wir uns stärker, auch aktiv, in einem gesellschaftspolitischen Raum positionieren."

Folgen für das Bauhaus-Jubiläum 2019

Sowohl die geplanten Festivals als auch die Präsentation der Sammlung "Versuchsstätte Bauhaus" setzt sich laut Perren intensiv mit gesellschaftspolitischen Fragen auseinander. Das Bauhaus müsse aber auch vor Ort in die Stadt einwirken. Diese Überlegungen wolle man jetzt noch ins Programm aufnehmen. Perrens Vorstellung ist es, das Bauhaus über Dessau hinaus mit Orten zu vernetzen, die ähnliche Probleme haben.

Politik hat über Umweg Konzert verhindert

Philipp Oswalt, der von 2009 bis 2014 Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau war, hat kein Verständnis für die Konzertabsage: "Es gibt eine Polizei, die hatte sich darauf eingestellt. In Köthen hat es hervorragend funktioniert. Das zeigt, wenn man will, funktioniert es."
Aus Erfahrung wisse er, die ZDF-Konzerte fänden in intimem Rahmen statt, das Publikum sei eher bürgerlich. Er halte es für einen "Mangel an Liberalismus", dass eine linke Punkband nicht in einer ZDF-Fernsehreihe auftreten könne.
Pikant sei, so Oswalt, dass Kulturstaatsminister Rainer Robra auch im ZDF-Fernsehrat sitzt. Da habe er zwar nicht den vollen Einfluss. Aber: "Das heißt, er hat es auf diesem Umweg zu verhindern gewusst. Seine Begründung heute, wenn man diese Band auftreten lässt, müsse man auch rechtsradikale Bands auftreten lassen, ging schon sehr weit."

Gegenwartsdiskurs wurde abgewürgt

Mit seiner Erfahrung als ehemaliger Bauhaus-Chef resümiert Oswalt: "Kulturinstitutionen haben extreme Freiheiten, solange sie dabei nicht die Sphären politischer Fragen berühren. Dann ist es vorbei." Was hier passiert sei, sei das "Abwürgen eines Gegenwartsdiskurses".
"Ich finde bemerkenswert, dass das Anhaltische Theater und die Stadt sich dazu durchgerungen haben, zu sagen, die Band spielt hier in Dessau." Sie seien, laut Oswalt, damit das Risiko eingegangen, sich in der Landespolitik in Magdeburg keine Freunde zu machen. Sein Fazit: In Dessau gebe es rechte Kreise, aber auch eine engagierte Zivilgesellschaft.
(mf)
Mehr zum Thema