Declan Burke: Eight Ball Boogie
Aus dem Englischen von Robert Brack
Nautilus, Hamburg 2018
271 Seiten, 18 Euro
Ein abgewrackter Privatdetektiv im verkommenen Irland
In "Eight Ball Boogie" von Declan Burke gibt es Terroristen, korrupte Cops und den abgehalfterten Privatdetektiv Harry Rigby, der auch noch Boulevardreporter ist. Als die Frau eines Politikers tot aufgefunden wird, beginnt eine rasante Geschichte um Misstrauen und Verrat.
Es wird geraucht, geflucht, getrunken und geprügelt in Declan Burkes "Eight Ball Boogie", das nun in der hervorragenden deutschen Übersetzung von Robert Brack erschienen ist. Im Mittelpunkt steht der abgewrackte, irische Privatdetektiv Harry Rigby, dessen Magengeschwür sich ob des steten Kaffee- und Alkoholkonsums ständig meldet, und der sich nicht nur mit seiner mürrischen Freundin Denise herumärgert, die ihn gerade wieder aus der Wohnung geworfen hat, sondern sich auch noch als Boulevardreporter durchschlägt.
Harry braucht einfach jedes Geld, das er bekommen hat. Deshalb steht er auch am Montagmorgen vor Weihnachten – auf der Suche nach einer guten Story – vor dem Haus des Politikers Tony Sheridan. Dessen Frau Imelda wurde tot aufgefunden – in ihrem besten Negligé mit durchschnittener Kehle. Dennoch will die Polizei es unbedingt als Selbstmord deklarieren, während sich Harry fragt, ob Paramilitärs oder die Polizei hinter der Tat stecken – oder sein eigener soziopathischer Bruder Gonzo. Aber damit noch nicht genug: Als Harry wieder in sein Büro kommt, findet er dort den lokalen Gangsterboss Frank Conway vor, der ausgerechnet ihn beauftragt, seine Frau zu beschatten.
Eine Geschichte fast wie beim Poolbillard
Es ist also viel los in "Eight Ball Boogie", aber Declan Burke versteht es, stets den Überblick zu behalten. Es ist hier fast wie beim Poolbillard, auf das der Titel anspielt: Mit jedem Vorankommen in der Handlung verändert sich die Gesamtlage, werden die Kugeln neu verteilt – doch am Ende läuft es einzig darauf hinaus, die schwarze Acht zu versenken.
Erzählerisch und stilistisch lehnt sich Declan Burke deutlich an die Tradition des "hardboiled" an: Erzählt aus der Ich-Perspektive von Harry Rigby, unterhält "Eight Ball Boogie" mit derbem Humor, einer ordentlichen Portion Fatalismus und knackigen Sprüchen. Einmal fragt sich Harry, ob er "nicht selbst eine Bahre mieten und alles vergessen sollte. Ich warf eine Münze. Sie fiel nicht herunter." Raymond Chandler und Elmore Leonard sind also klar zu erkennende Vorbilder dieses Buchs.
Bewaffnete Terroristen, korrupte Cops und Kokainschwemme
Doch Burke überzieht an den richtigen Stellen die typischen "hardboiled"-Elemente und schafft hier Eigenständigkeit – so kann Harry unglaublich viel Prügel und Schüsse einstecken. Eigentlich dürfte er gar nicht mehr leben. Aber dank der erzählerischen Gewitztheit glaubt man an Harry. Er ist eben ein tapferer Held und im Vergleich zu all den anderen Charakteren dieses Buches moralisch auch nur leicht verkommen.
Darüber hinaus gelingt es Declan Burke, das amerikanische Genremuster an den Nordwesten Irlands – vermutlich Sligo, der Handlungsort wird nicht genannt – anzupassen: Hier gibt es bis an die Zähne bewaffnete Terroristen, korrupte Cops, eine Kokainschwemme und die letzten Zeichen der Immobilienblase, die Irland einst den Aufschwung bescherte. Dabei spiegeln sich Folgen des jahrelangen Klimas von Gewalt, Korruption und Misstrauen in den seelenlosen, kaputten Charakteren dieses Buchs, die alle nur auf ihren Vorteil bedacht sind. Verrat ist allgegenwärtig. Aber Harry Rigby stemmt sich dagegen – und sei es mit einer Kugel im Bauch.