Die Welt in neuen Farben und Formen
LSD war die Modedroge der 1970er-Jahre. Besonders beliebt war sie bei Sinnsuchenden und Hippies. Der Schweizer Chemiker Albert Hofmann entdeckte die Wirkung durch Zufall vor 75 Jahren, am 16. April 1943. Im Selbstversuch experimentierte er anschließend mit der Droge.
Als der 37-jährige Schweizer Albert Hofmann am 16. April 1943 Lysergsäure-Diethylamid, kurz LSD, synthetisierte, ging offenbar etwas schief: Spuren der Substanz gelangten in seinen Körper und verhalfen ihm zu einem, so Hofmann, "wunderbaren Erlebnis". Drei Tage später wollte der Chemiker der Sache in einem Selbstversuch auf den Grund gehen – und erlebte einen Horrortrip. Gefragt, ob er da nicht zu kühn gewesen sei, sagte er:
"Ich muss sagen, nein, ich war außerordentlich ängstlich. Ich habe meinen Selbstversuch angefangen mit einem Viertel eines tausendstel Gramms. Ich musste annehmen, da kann noch nichts passieren. Ich wollte dann die Dosis steigern und so vorsichtig mich an diese Wirkung heranarbeiten. Und dann hat sich aber später herausgestellt, dass das schon fünfmal die normale Dosis gewesen war."
Die hochpotente Substanz, Abkömmling der Lysergsäure, die sich in einem parasitären Getreidepilz, dem Mutterkorn, findet, machte ein Jahrzehnt nach ihrer Entdeckung bei Sinnsuchenden und Hippies Karriere. Albert Hofmann wurde darauf angesprochen:
"Wie ich das verkraften könnte, dass ich einen solchen Stoff mit dieser ambivalenten Wirkung in die Welt gesetzt habe. Meine Antwort darauf war, dass ich keinerlei Schuldgefühle habe. Die Absicht war ja, ein Kreislaufstimulanz zu synthetisieren, dass dann daraus ein Psychostimulanz geworden ist, das stand nicht im meiner Hand."
Hofmann interessierte sich für den Rausch
Dass Albert Hofmann eine das Gemüt bewegende Droge fand, war kein reiner Zufall. Als Junge hatte er – ohne pharmakologisches Zutun – rauschhafte Erlebnisse, so in einem Maienwald nahe Baden im Aargau:
"Während ich durch den frisch ergrünten, von der Morgensonne durchstrahlten, von Vogelsang erfüllten Wald dahin schlenderte, erschien auf einmal alles in einem ungewöhnlich klaren Licht. Hatte ich vorher nie recht geschaut? Und sah ich jetzt plötzlich den Frühlingswald, wie er wirklich war? Er erstrahlte im Glanz einer eigenartig zu Herzen gehenden, sprechenden Schönheit, als ob er mich einbeziehen wollte in seine Herrlichkeit. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl der Zugehörigkeit und seligen Geborgenheit durchströmte mich."
Um dieses Gefühl noch einmal erleben zu können, beschloss Albert Hofmann, Chemiker zu werden. Im Beruf stieß er schließlich auf psychoaktive Pflanzenstoffe, die ähnliche Gemütszustände hervorrufen konnten, darunter den LSD-Grundstoff. Das LSD begann zehn Jahre nach seinem halluzinogenen Debüt, auch außerhalb des Labors Karriere zu machen.
Breite Verwendung der Modedroge
Popgruppen von Rang machten vor ihrem jugendlichen Publikum durch wirre Texte LSD-Erfahrung glaubhaft, ebenso namhafte Gelehrte wie Timothy Leary. Die Hippie-Kultur erblühte. Auch die CIA entwickelte großes Interesse: Konnte LSD ein Wahrheitsserum sein, das Verstockten den Mund öffnete und zur rechten Gesinnung verhalf?
1975 lieferte der Film "Einer flog über das Kuckucksnest" nach dem gleichnamigen Buch von Ken Kesey dazu verhaltene Hinweise. Später wurde bekannt: Der Autor der Geschichte hatte seine Inspirationen als Pfleger in einer Einrichtung erhalten, in der die CIA LSD an Ahnungslosen testen ließ.
Auch Albert Hofmann experimentierte weiter mit der Droge. Zusammen mit Freunden – wie dem "Stahlgewitter"-Autor Ernst Jünger, der sich hierfür in einen ägyptischen Kaftan hüllte – ging er mit LSD auf Reisen. Hinterher gab es von Frau Jünger Linsen mit Spätzle, wohl um die Psychonauten wieder zu erden.
Der Rummel um LSD machte psychoaktive Pilze beliebt. Dabei fanden sich schöne Indizien, dass der Weihnachtsmann keineswegs zufällig wie ein Fliegenpilz rot-weiß gewandet daher kommt, vielmehr hätten Völker des Nordens im Fliegenpilzrausch Santa Claus so am Himmel gesehen, mitsamt seinen Rentieren. Albert Hofmann hat die Pilzduselei nicht geschadet. Er starb im gesegneten Alter von 102 Jahren in Burg im Leimental, in der Schweiz.