Felicitas Hoppe: "Prawda"

Durch die Geschichte in die Zukunft blicken

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Mein Traum war immer, ein rundes Buch zu schreiben, in das man ein- und aussteigen kann, wo man will, sagt Felicitas Hoppe. © Deutschlandradio / Stefan Fischer
Moderation: Dorothea Westphal |
Die Schriftstellerin Felicitas Hoppe hat eine Vorliebe für historische Reiseberichte. In ihrem neuen Buch "Prawda" hat sie die USA-Reise von zwei Sowjetautoren aus dem Jahr 1935 nachgestellt. Wie sie war sie in einem Ford unterwegs - dem aber ein wichtiges Detail fehlte.
Auf den Spuren zweier russischer Schriftsteller reist Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe durch die USA.
"Die beiden Russen, denen ich hier hinterherreise, Ilja Ilf und Jewgenij Petrow, haben 1935 eine große Reise durch die Vereinigten Staaten gemacht im Auftrag der sowjetischen Zeitung 'Prawda' und ein wunderbares Buch darüber geschrieben", sagt Hoppe im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur auf der Leipziger Buchmesse.
Ilf und Petrow sollten damals gewissermaßen einen Bericht aus dem Lager des Klassenfeindes liefern: Sie trafen Henry Ford, Ernest Hemingway, sprachen mit jedem, dessen sie habhaft werden konnten. Und sie waren - anders als ihr Auftrag lautete - "absolut fasziniert von Amerika", diesem "Land der Superlative, der Verrücktheiten, der Verehrung, der Träume, und dieser Spur reist man hinterher", so die Schrifstellerin.

Ein Ford - aber ohne Aschenbecher

Wie Ilf und Petrow sei auch sie mit einem Ford unterwegs gewesen, allerdings keinem grauen, sondern einem rubinroten.
"Wir hatten natürlich ein echtes Luxusauto. Wie so ein kleines, reisendes Büro mit Musik und allem, was man braucht", sagt Hoppe. Außer einem Aschenbecher: "Daran sieht man, wie sich die Geschichte in 80 Jahren entwickelt hat. In unserem Ford gab es keinen Aschenbecher mehr. Das sagt sehr viel über ein Land. Das ist ein winziges Detail, was wirklich sprechend ist: Ilf und Petrow oder die Tramper haben noch richtig ordentlich geraucht im Auto. Geht ja in Amerika nicht mehr."
Die Schriftstellerin Felicitas Hoppe im Gespräch mit Leserinnen bei der Leipziger Buchmesse 2018.
Die Schriftstellerin Felicitas Hoppe im Gespräch mit Leserinnen bei der Leipziger Buchmesse 2018.© Deutschlandradio / Cornelia Sachse
Es ist nicht das erste Mal, dass die Autorin einen historischen Reisebericht zur Grundlage eines eigenen Werkes macht. "Das hat zwei Gründe: erstens glaube ich nicht an Originalität, ich glaube, dass es ein Missverständnis ist zu glauben, Schriftsteller müssten originell sein und alles neu erfinden", sagt Hoppe. Sie hingegen halte eine gute Vorlage für extrem anregend.
"Ich glaube, dass wir die Welt, wie sie heute ist, eigentlich nur verstehen, wenn wir uns mit der Welt von gestern beschäftigen. Und dann kriegen wir sofort eine Ahnung, wie es in der Welt von Morgen aussieht. Und deshalb ist es toll, mit Ilf und Petrow zu reisen", so die Schriftstellerin. "Geschichte ist im Grunde Zukunft und nicht Vergangenheit - und ich bin ein kleines Rad dazwischen."

Ein "rundes" Buch, bei dem man jederzeit einsteigen kann

Ihr eigener Reisebericht lässt sich schwer einem Genre zuordnen. Ohnehin tue sie sich mit literarischen Gattungen schwer, sagt Felicitas Hoppe. Sie sieht ihr Buch insofern vor allem als eine Einladung zu einer Reise: "Sie müssen im Zweifelsfall gar nicht mal vorne anfangen. Mein Traum war eigentlich ja immer ein rundes Buch zu schreiben, das so funktioniert wie eine Schiffsreise oder eine Busreise: Sie können an jeder Station zusteigen und Sie können auch wieder aussteigen."
(uko)

Felicitas Hoppe: "Prawda. Eine amerikanische Reise"
Verlag S. Fischer 2018
321 Seiten, 20 Euro

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