Feministisches Literaturfestival q[lit]*clgn

Festival für Autorinnen und neue Perspektiven

Die Schriftstellerin Fatma Aydemir, aufgenommen am 23.3.2017 bei der Leipziger Buchmesse
Zu Gast beim q[lit]*clgn: Die Schriftstellerin Fatma Aydemir mit ihrem Roman "Ellbogen" © imago / Gerhard Leber
Von Claudia Hennen |
Es ist eine Deutschlandpremiere: In Köln findet parallel zur lit.cologne ein feministisches Literaturfestival statt. Der programmatische Name q[lit]*clgn hat mehrere Bedeutungsebenen: von englisch "clit" für die Klitoris bis zu lesbischen, Inter- und Transidentitäten.
"Dies ist die Geschichte einer Wiese. Es ist eine Wiese, wie es sie überall geben könnte. Auf der Wiese stehen viele Blumen, alle Blumen sind blau, so groß wie eine ausgestreckte Kinderhand. Kann mal einer eine Hand ausstrecken?"
Dienstagnachmittag in den Räumen des interkulturellen Frauen- und Mädchen-Gesundheitszentrums "Holla" im Kölner Süden. Knapp 40 Frauen und Kleinkinder, darunter viele mit Migrationshintergrund, lauschen Susan Bagdachs Bilderbuch "Die Wiese". In Socken und auf Kissen sitzen sie im Halbkreis um die 45-jährige Deutsch-Syrerin.
"Also die blaue Blume erklärt: Man kann Tinte trinken, dann färben sich die Blütenblätter blau und dann siehst du genauso aus wie wir. Alle Blumen nicken zufrieden."

Eine Blume, die anders ist

Es geht um eine Blume, die anders ist. Sie ist rot, alle anderen auf der Wiese blau. Und weil sie glaubt, so sein zu müssen wie alle anderen, trinkt sie blaue Tinte. Eine Parabel über ein gestörtes Körperbild.
"Also es geht nicht darum, dass man nicht schön sein soll, nicht sexy sein darf. Sondern es geht darum, dass das alle Menschen sein dürfen. Es geht um Teilhabe, gerade ins Leben gehen und dabei schön sein zu dürfen."
Susan Bagdach ist Expertin für interkulturelle Gesundheitsprävention von Mädchen und Frauen und will mit ihrem ersten Kinderbuch dazu beitragen:
"Dass mehr Menschen den Mut haben, dazu zu stehen, wer sie sind. Mir ist wichtig, Kinder anzusprechen, die Rassismus erleben, die Sexismus erleben. Also man erlebt als Mensch, der nicht weiß-deutsch aussieht eigentlich permanent Rassismus und ich arbeite mit Frauen, die das erleben, mit Geflüchteten und Jugendlichen."

Der Name ist Programm

Zum Konzept des Festivals mit dem programmatischen Namen "q[lit]*clgn" erklärt Festivalgründerin Fatima Khan, 30-jährige Literaturstudentin aus Köln:
"Dass es vor allem um Autorinnen geht, deswegen 'clit', also der englische Namen für die Klitoris. Dass wir darauf aufmerksam machen, dass wir das traditionelle Frauenbild anders lesen, dass uns genderqueere Autorinnen sehr wichtig sind und deswegen schreiben wir das 'clit' mit einem 'q', weil dass die Affinität zur 'queer theory' betonen soll und das 'lit' steht noch mal für lesbische und Inter- und Transrealitäten."
Die namentliche Anspielung auf die große prominente Schwester lit.cologne sei purer Zufall, und auch, dass man zeitlich parallel stattfände, versichert Fatima Khan. Nun ja - fest steht:
"Klar richten wir uns gegen den traditionellen Literaturbetrieb und da gehört die lit.cologne dazu. Uns ist vor allem wichtig, dass wir Frauen und Autorinnen haben, die nicht aus der Perspektive der Mehrheitsgesellschaft schreiben. Wenn man sich den literarischen Kanon anschaut in Deutschland, nicht nur in Deutschland, dann sieht man, dass der sehr männerdominiert ist und wenn man nach nicht-weißen Frauen oder nach genderqueeren Autorinnen sucht, dann wird es richtig schwer."

Von Noah Sow bis Fatma Aydemir

Acht Veranstaltungen umfasst das Festival, es ist eine Zusammenarbeit mit dem autonomen Frauen*Lesben Referat der Universität Köln, dem "Missy Magazine" und diversen Migrantenorganisationen. Zu den bekanntesten Gästen zählen die Anti-Rassismus-Aktivistin Noah Sow, bekannt durch ihr Buch "Deutschland Schwarz Weiß" - oder die türkischstämmige Nachwuchsschriftstellerin Fatma Aydemir, die mit ihren Debütroman "Ellenbogen" über eine junge Berliner Türkin für Aufsehen sorgte.
Männer aber sind an diesem Nachmittag nicht willkommen auf der Lesung, die richtet sich ausschließlich an Frauen und Kinder. Fatima Khan sieht die Veranstaltung als Schutzraum:
"Alle anderen Veranstaltungen sind offen für alle Menschen. Diese Veranstaltung haben wir geschlossen gemacht, weil wir finden, das ist eine patriarchale Gesellschaft, in der wir uns bewegen und die wirkt in jedem Raum in dem wir sind und in jedem Moment."
Frau bleibt unter sich – leider entsteht dadurch der Eindruck, dass den Festivalmacherinnen nicht wirklich an einer breiten gesellschaftlichen Auseinandersetzung gelegen ist. Dem Anspruch, "ein Bewusstsein für Realitätsvielfalt und Demokratie zu fördern", wie sie es auf der Webseite erklären, werden sie nicht gerecht.
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