Michael Wolf: Works
Peperoni Books 2017
24,5 x 30 cm, 296 Seiten
Mehr als 400 Abbildungen
EUR 50,-
"Metaphern für die furchtbaren Seiten des Großstadtlebens"
Michael Wolf ist einer der bekanntesten deutschen Fotografen. Drei Mal hat er den World Press Award gewonnen. Seine Arbeiten zeigen das Serielle der Hochhausarchitektur Hongkongs, aber auch die Enge der Tokioter U-Bahn. Michael Wolf hält seine Arbeit auch für politisch.
Vor 20 Jahren ist der Fotograf Michael Wolf nach Hongkong gezogen, weil er, wie er dem Wiener "Standard" mitteilte, drohte, hier zum Zyniker zu werden. An Hongkong fasziniere ihn "die Architektur, diese unglaubliche Dichte, die ist einmalig auf der Welt".
Diese Dichte und Monotonie hat er in seiner Serie "Architecture of Density" eingefangen. In gewisser Weise sei dies auch eine politische Arbeit, sagt Wolf, denn sie spiele auf die unhaltbaren Zustände im Hongkonger Immobilienmarkt an.
"Hongkong ist der teuerste Fleck der Welt, was Immobilien angeht. Hier gibt es keine Mietkontrollen, keine Mietbremsen wie in Europa, junge Leute können sich keine eigene Wohung leisten. Während man in Europa versucht, mit einem Umzug sich zu verbessern, ist es in Hongkong genau das Gegenteil, man verkleinert sich ständig, weil die Mieten so teuer sind, dass man das nächste mal in eine kleinere Wohnung ziehen muss."
"Eine Form von Soziologie"
In seiner Arbeit "100x100" schaut Wolf hinter die Fassaden und stellt Menschen in ihren Wohnungen vor:
"Ich hab das als eine Form von Soziologie betrachtet, jedes dieser Apartments hat ja die gleiche Größe, 3,2 x 3,2m, also knapp 10qm, der Grundriss von jedem ist gleich, und ich fand das einfach spannend, hundert dieser gleichen Apartments zu fotografieren und zu gucken, wie jeder sich anders einrichtet, aber auch, was alle gemeinsam haben."
Erstaunlich sei, so Wolf, dass die Menschen dort vor allem wegen der Nachbarschaft wohnten.
"Der Platz war gar nicht so wichtig, was sie toll fanden, dass es offene Balkone gab, dass sie ihre Nachbarn kannten, wenn sie krank waren, ist jemand reingekommen, ist zum Markt gegangen, hat für sie eingekauft, das fand ich sehr interessant, die meisten waren sehr traurig, dass sie aus diesen Gebäuden ausziehen mussten, die wurden ja umgesiedelt, das wollten die gar nicht."
"Ich bin obsessiv"
In seiner Arbeit "Tokyo Compression" sieht man Menschen, die sich in überfüllte Wagons quetschen, man sieht gepresste Gesichter an Fensterscheiben voller Kondenswasser.
"Die Bilder sind Metaphern für die furchtbaren Seiten des Großstadtlebens."
Nicht nur bei "Tokyo Compression" zeigt Wolf eine enorme Ausdauer und akribische Vorbereitung. Für einen Perfektionisten hält sich Wolf dennoch nicht:
"Ich bin obsessiv, und zum Glück wird Obsessivität in der Kunst gelobt. Ich habe gelernt, dass ich Dinge immer wieder verbessern kann. Ich hab ein großes Ausdauervermögen. Das führt zu sehr guten Ergebnissen."