"Man kann und man muss mit ihnen reden"
Seit 17 Jahren wird in Afghanistan Krieg geführt. Jetzt hat der afghanische Präsident Ghani der radikalislamischen Taliban Gespräche angeboten. Asienwissenschaftler Thomas Ruttig arbeitet in Kabul und bewertet das Angebot positiv.
In der afghanischen Hauptstadt Kabul hat Präsident Aschraf Ghani auf einer internationalen Friedenskonferenz den radikalislamischen Taliban eine Waffenruhe und andere weitreichende Zugeständnisse angeboten. Thomas Ruttig arbeitet in Kabul am Rechercheinstitut Afghanistan Analysts Network und sieht Chancen für mögliche Gespräche zwischen Regierung und den Taliban.
"Es gibt Ansagen von afghanischen Nichtregierungsorganisationen, dass ein ganz großer Teil der afghanischen Bevölkerung für Gespräche mit den Taliban ist. Sie wollen einfach diese 17 Jahre Krieg jetzt, und auch davor gab es ja schon Jahrzehnte von Konflikten und Krieg, endlich vorbei gehen. Hier in Kabul ist die Lage natürlich etwas gespalten, weil gerade Ende Januar die Taliban und auch der hiesige Ableger des Islamischen Staates eine ganze Reihe von schweren Terroranschlägen verübt haben.
"Es gibt Ansagen von afghanischen Nichtregierungsorganisationen, dass ein ganz großer Teil der afghanischen Bevölkerung für Gespräche mit den Taliban ist. Sie wollen einfach diese 17 Jahre Krieg jetzt, und auch davor gab es ja schon Jahrzehnte von Konflikten und Krieg, endlich vorbei gehen. Hier in Kabul ist die Lage natürlich etwas gespalten, weil gerade Ende Januar die Taliban und auch der hiesige Ableger des Islamischen Staates eine ganze Reihe von schweren Terroranschlägen verübt haben.
Da ist natürlich dann die Stimmung nicht so pro Gespräche. Aber letztendlich ist den meisten klar, dass man mit den Leuten reden muss. Außerdem muss man natürlich auch sehen, dass die Taliban vor allem in einigen ländlichen Gebieten, doch auch über eine gewisse, ich sage jetzt mal, Wählerschaft verfügen."
"Die Taliban wollen lieber mit den Amerikanern reden"
Thomas Ruttig beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit Afghanistan, und seiner Meinung nach sei es sinnvoll, die Taliban in Verhandlungsgespräche miteinzubeziehen:
"Ja, auf alle Fälle. Die Taliban werden in ihrer inneren Organisation meistens unterschätzt. Man stell sie sich als Haufen von Leuten vor, mit langen Bärten, die in den Bergen mit Kalaschnikows rumlaufen. Aber sie haben eine ziemlich gut funktionierende Organisation landesweit, natürlich unterschiedlich intensiv. Da werden Steuern eingesammelt, da wird Gericht gehalten. Da werden zum Teil auch Infrastrukturprojekte durchgeführt. Man kann mit denen reden, man muss mit ihnen reden. Und es gibt auch einen Ansprechpartner.
Die Taliban haben eine ziemliche Hierarchie. Es gibt einen Führungsrat, der wiederum eine politische Kommissionen autorisiert hat – die sitzt in einem Büro am Golf, im Staat Katar – als ihre Verhandlungsführer zu fungieren. Allerdings wollen die Taliban lieber mit den Amerikanern reden, nämlich über einen Truppenabzug, als mit der afghanischen Regierung. Insofern ist das heutige Angebot, das Präsident Ghani gemacht hat, jetzt erst einmal noch nicht ganz auf Gegenliebe gestoßen."
(jde)
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