Hamed Abboud: "Der Tod backt einen Geburtstagskuchen. Texte"
Deutsch-Arabische Ausgabe, aus dem Arabischen übersetzt von Larissa Bender
Verlag pudelundpinscher
Wien 2017
152 Seiten, 19 Euro
Dem Krieg mit Gelächter trotzen
Der aus Syrien geflohene Autor Hamed Abboud lebt seit 2014 in Wien. Dort hat er seinen zweiten Gedichtband veröffentlicht. Die Texte in deutsch und arabisch karikieren mit rabenschwarzem Humor die Absurdität des Krieges.
2012, als auch in Syrien die arabische Revolution ausbricht, veröffentlicht der 1987 in Deir ez-Zour geborene Autor Hamed Abboud seinen ersten Gedichtband. Wenig später – aus der syrischen Arabellion ist ein blutiger Bürgerkrieg geworden; aus Aleppo, der Stadt, in der er studiert hat, eine Trümmerlandschaft – entschließt er sich, zu fliehen. Drei Jahre danach endet seine Flucht, die über Ägypten, Dubai und die Türkei verläuft, in Wien. Nun, nur weitere zwei Jahre später, liegt ein erster Band mit Texten von ihm vor: "Der Tod backt einen Geburtstagskuchen" ist in einer deutsch-arabischen Ausgabe erschienen und hat es auf Anhieb auf die Shortlist des diesjährigen "Internationalen Literaturpreis/Haus der Kulturen der Welt" geschafft.
Ratgeber über "Die verschiedenen Varianten des Todes"
Sechzehn Texte enthält der schmale Band. Sie handeln – wäre es anders zu erwarten – von Krieg und Gewalt, von den Strapazen der Flucht und den Mühen des Ankommens. Und doch unterlaufen sie unsere Erwartung: Denn das darin waltende sardonische Gelächter – siehe der galligbittere Titel des Bandes – bleibt einem im Halse stecken. Dieses sardonische Gelächter ist Überlebens- und Schreibstrategie zugleich: Der Absurdität eines Krieges, der laut Abboud auf "planlose systematische Zerstörung" hinausläuft und jeglichen Alltag zum absoluten Ausnahmezustand erklärt, hält er seinen rabenschwarzen Humor entgegen.
"Ich möchte einen Panzer fahren" ruft da etwa das fiktive Ich in der gleichnamigen Auftakterzählung. Der vermeintlich kindliche Gestus entlarvt wenig später "die Vision eines sauberen reinen Krieges". Der Abwurf von Fassbomben ähnelt einem "Dominospiel": "mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Zerstörung". Assad bescheinigt er mit sarkastischer Ironie, ein "schöner Diktator" zu sein, der sein Volk in alle Welt schickt, um der Welt zu zeigen, was dieses Volk kann: "Wie Frau Holle schüttelt er das Land einmal aus und baut es wieder auf." Verzweifelt grotesk liest sich auch sein Ratgeber über "Die verschiedenen Varianten des Todes: "Stirb, wenn du aus Syrien stammst, keines gewöhnlichen Todes – durch die Kugel eines Scharfschützen ist dagegen top."
Fluch und Segen des Exils Wien
Was die Texte kennzeichnet, ist ihre knappe Diktion – und eine manchmal gar ins Surreale kippende Bildlichkeit: Wenn etwa das Massengrab selbst zu uns spricht oder Hulk und Superman sich gegen Assad und den IS verbünden, diktiert der Lyriker Abboud hier spürbar die Prosa. In manchen der Skizzen verschafft sich die Sehnsucht Raum nach einem normalen Leben, in dem die größte Sorge die Zahnschmerzen der Kinder wären.
Zugleich beschreibt er die Sicherheit des Exils, das er in jenem Westen gefunden hat, als "so umfassend wie die Dunkelheit im Bauch des Walfischs in der Tiefe des Meeres". Denn da ist der Hunger, den das Ich nach der Heimat verspürt. Und den kann, so heißt es gegen Ende des Bandes, keine Demokratie der Welt je stillen. Man schließt diesen Band so beklemmt wie bewundernd: "Flüchtling sein bedeutet fremd sein in der Sprache", heißt es im abschließenden Text "Was wurde aus den Zugvögeln". Hamed Abboud scheint also endlich angekommen zu sein: "Der Tod backt einen Geburtstagskuchen" ist der beste Beweis.
(mia)