Hannes Jaenicke: Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche
Gütersloher Verlagshaus, Mai 2017
192 Seiten, 19,99 Euro
Einfach mal mutig ausscheren
Eine German Angst vor dem Abweichen diagnostiziert Hannes Jaenicke den Deutschen in seinem neuen Buch "Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche". Neue Helden mit mehr Mut zum Ausscheren wünscht er sich - bringt allerdings kaum mehr als Gemeinplätze.
Die Welt ist aus den Fugen und wir suchen nach Orientierung. Leider oft bei den Falschen, meint Hannes Jaenicke in seinem neuen Buch. Der Schauspieler, Doku-Filmer und Umweltaktivist plädiert für mehr Mut zum Ausscheren, Querdenken, Andersmachen. Statt einer Leitkultur bräuchten wir "Helden", die "das Richtige tun", ohne sich von der Mehrheitsmeinung beirren zu lassen. Damit scheint er einen Nerv zu treffen.
Allerdings sind Jaenickes Ansichten meist eine Mischung aus Gemeinplätzen und Kalendersprüchen: Er diagnostiziert den Deutschen eine "German Angst" vor dem Abweichen. Ob Konsumexzesse, mangelnder Umweltschutz oder Rechtspopulismus – der Grund für diese Probleme sei ein "evolutionärer Herdentrieb".
Der Mainstream als Gegenstrom
Was seiner Meinung nach helfen könnte, den zu überwinden, bleibt leider ziemlich belanglos: Mutmachen und "Vorbilder", eben. Dabei legt er eine Überheblichkeit an den Tag, die fast weh tut. Denn was bitte ist querdenkerisch daran, über "nicht-denkende" Dschungelcamp-Fans herzuziehen? Damit löst Jaenecke seine Forderung selbst nicht ein: Alles andere als eigensinnig verlangt er den Leserinnen und Leser nichts ab – schon gar nicht, selbst nachzudenken. Stattdessen bestätigt er sie wohlig in der eigenen Empörung. Er inszeniert den Mainstream als Gegenstrom. Das ist wohl der Hauptgrund für den Erfolg des Buches.
Nett zu lesen sind Jaenickes autobiografischen Anekdoten über seine eigenen Idole. Und der Blick auf "kleine" Helden des Alltags am Ende des Buches mag inspirierend wirken – aber ob man sich dafür die zähen 150 Seiten vorher zumuten sollte? Eher nicht.