Islamwissenschaftlerin Krämer zur Debatte nach dem Todesfall Susanna

"Nicht mit der Rassismus-Keule kritische Berichterstattung unterdrücken"

Auf einem weißen Zettel am Boden liegend neben Blumen und Steine steht "We muss you Susanna".
Blumen und Kerzen erinnern an Susanna © dpa / Boris Roessler
Moderation: Marietta Schwarz |
Der Todesfall von Susanna erregt große Aufmerksamkeit. Man solle jetzt nicht eine Beziehung zwischen der Gewalt gegen Frauen auf der einen und Religion auf der anderen Seite herstellen, sagt Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer.
Der Mord an der 14-jährigen Susanna F. aus Mainz ist nicht der erste Fall, der eine gesellschaftliche Debatte ausgelöst hat. Zum einen geht es um die Frage, ob Sexual- und Gewaltdelikte zunehmen, und ob diese Zunahme mit der Zuwanderung muslimischer Männer zusammenhängt.

Debatte um Gewalttäter

Zum anderen schlägt hohe Wellen, wie über dieses Thema diskutiert, wie kommuniziert oder berichtet wird - Stichworte hierfür: Rassismus und Denk- und Sprechtabus. Diese Worte fallen auch in einem Gastbeitrag, den die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" heute im Feuilleton veröffentlicht hat. Geschrieben von der Ethnologin und Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Susanne Schröter.
Grundsätzlich könne man oder müsse man die Frage nach den Zusammenhang von sozialer Lage, Religion, Kultur und Gewaltbereitschaft stellen, sagt die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer Sie ist Leiterin des Instituts für Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Aber bei den Antworten würden sich dann schnell die Geister spalten.

Mit einem Maß messen

Mit dem, was Susanne Schröter in der "FAZ" geschrieben habe, gehe sie zum Beispiel nicht mit allem konform. So sei die Art der Frauenfeindlichkeit und der Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen, die man jetzt beobachten könne, "keineswegs ohne Vorrausetzungen in der eigenen Geschichte und Gesellschaft ist". Man könne nicht argumentieren, dass diese Art der Frauenfeindlichkeit ausschließlich importiert sei.
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Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer© picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte
Außerdem solle man besser nicht eine Beziehung zwischen der Gewalt gegen Frauen auf der einen Seite und Religion auf der anderen Seite herstellen. Gewalt und Diskriminierung müsse angesprochen werden, aber man solle immer auch nach den sozialen Umständen fragen: das solle keine Entschuldigung sein, sondern die Frage danach, wo man Ansätze findet. "Es kann nicht sein, dass man mit der Rassismus-Keule jede Art der kritischen Betrachtung gewissermaßen unterdrückt", ergänzt Krämer. Es könne nicht sein, dass Hintergründe verschwiegen werden: "Doch da wird dann mit unterschiedlichem Maß gemessen."
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