Jodi Picoult: "Kleine Große Schritte"

Begreifen, wie Rechte ticken

"Kleine große Schritte" von Jodi Picoult
Ein Buch über den alltäglichen Rassismus in den USA, das man nicht mehr aus der Hand legen möchte. © Deutschlandradio / C. Bertelsmann
Verschenkt von Joachim Scholl, Moderator in der Lesart |
Der kleine Davis stirbt in der Obhut der schwarzen Krankenschwester Ruth. Davis' Vater, ein weißer Rassist, hatte Ruth im Vorfeld die Betreuung seines Kindes verboten. Es kommt zum Gerichtsprozess. Ein Buch das verstehen hilft, wie Rechte denken und fühlen.

1. Worum geht es?

Es ist ein Buch über den alltäglichen Rassismus in den USA: Die Heldin heißt Ruth Brooks. Sie ist schwarz, arbeitet als Krankenschwester und Hebamme in New Haven in Connecticut – und in ihrer Obhut stirbt ein kleiner Davis. Dieses Neugeborene ist der Sohn von Turk Bauer – ein weißer Rassist, beinharter Nazi, der dem Krankenhaus offiziell verbietet, dass Ruth sich um seinen Davis kümmert. Dann gibt es eine Komplikation, Ruth zögert, einzugreifen – mit fatalen Folgen. Das Krankenhaus distanziert sich von Ruth, es kommt zum Gerichtsprozess. Turk Bauer sinnt auf Rache und hat nur Gewalt im Sinn. Die dritte Hauptperson ist die weiße Sozialanwältin Kennedy, die Ruth vertritt. Es entsteht ein gewaltiges, großartig inszeniertes "Court Room Drama", in dem alles an Konflikten zur Sprache kommt, was die USA derzeit umtreibt und spaltet.

2. Was ist das Besondere?

Was mich besonders begeistert hat an Jodi Picoults Buch ist die Erzählweise. Sie schlüpft in die Köpfe ihrer Figuren, erzählt aus drei Perspektiven: von Ruth, von Kennedy und eben auch von Turk Bauer, und vor allem diese Passagen sind gespenstisch authentisch. Jodi Picoult hat unter amerikanischen Rechtsradikalen recherchiert, und man begreift mit diesem Buch, wie diese Hirne ticken, woher diese rassistische Einstellung kommt, wie sie entsteht und wie sie sich auch in den Familien fortpflanzt.
Das ist furchtbar bedrückend zu lesen, aber zugleich unglaublich erhellend. Man ist entsetzt, abgestoßen, aber man "versteht" auch, warum diese Menschen so denken, fühlen, und wie schwer es ist, gegen diese Muster vorzugehen. All das ist glänzend geschrieben, auf fast 600 Seiten, die ich in einem Rutsch gelesen habe, weil es so spannend war. Es fällt echt schwer, dieses Buch aus der Hand zu legen.

3. Wem wollen Sie es denn schenken – und warum?

Ich schenke diese "Kleinen großen Schritte" meiner Nichte Maria – sie ist eine Leseratte, interessiert sich sehr Bücher mit solchen gesellschaftlichen Themen und Fragen, und ich freue mich schon darauf, mit ihr über dieses Buch zu diskutieren.

Jodi Picoult: Kleine große Schritte
Aus dem Amerikanischen von Elfriede Peschel
Bertelsmann, München 2017
592 Seiten, 20 Euro

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