"Opfer ohne Stimme" - der Film von Christine Rütten, Dominik Nourney und Petra Boberg wird heute Abend um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.
Es fehlt an Konstanz beim Personal, an Autos und Handys
Was läuft schief beim Kinderschutz? Vor allem sei er chronisch unterfinanziert, meint die Journalistin Petra Boberg. In ihrer ARD-Doku "Opfer ohne Stimme" wird deutlich, warum das Personal so häufig wechselt – und welche Konsequenzen das hat.
Jugendämter in Deutschland sind - mit regionalen Unterschieden - personell stark unterbesetzt und können zudem wegen schlechter Arbeitsbedingungen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht lange halten. Diese und andere Missstände hat eine Studie der Hochschule Koblenz aufgedeckt.
Besonders problematisch wirkt sich der Zeit- und Geldmangel auf den Kontakt zu den Familien aus, die staatliche Hilfsangebote wahrnehmen. Laut der Studie verbringen sechs von zehn Jugendamtsmitarbeitern maximal eine Stunde mit den betroffenen Eltern und Minderjährigen – und das alle sechs Monate, berichtet Petra Boberg. Sie hat die Studie mit einem Fernsehteam des Hessischen Rundfunks zum Anlass für eine Fernsehfilm genommen. Unter dem Titel "Opfer ohne Stimme" wird dieser heute Abend in der ARD ausgestrahlt.
Viele Sozialpädagogen geben auf
Knapp zwei Drittel der Arbeitszeit werde für die Dokumentation der Fälle benötigt, die etwa für Familiengerichtsverfahren sehr wichtig sei: "Und das führt auch dazu, dass viele Sozialpädagogen über kurz oder lang auch aufgeben, weil die Arbeitsbedingungen wirklich so schlecht sind. Fast 40 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Jugendämtern bleiben laut dieser Studie höchstens drei Jahre auf ihrer Stelle", so Boberg. Es fehle in den Jugendämtern zudem an Diensthandys oder Dienstwagen: "Wir haben in Hessen mit Jugendamtsmitarbeiterinnen gesprochen – da gibt es für 100 Mitarbeiter ungefähr zwei Dienstwagen."
Die Forderung, dass mehr Geld in die Kinder- und Jugendhilfe investiert werden müsste, sei nicht neu, sagt Boberg. Allerdings sehe sie da keine Bewegung. Derzeit würden die Kommunen den Finanzbedarf nach Kassenlage entscheiden. Das habe zur Folge, dass in manchen Jugendämtern hundert und mehr Fälle bei einem Mitarbeiter landeten. Empfohlen seien 35 Fälle je Mitarbeiter.
(huc)