Das große Blühen
In der kalifornischen Wüste fiel in diesem Winter nach jahrelanger Dürre so viel Regen wie nie zuvor. Staudämme brachen, Brücken stürzten unter den Wassermassen zusammen. Jetzt lebt die Wüste wieder.
"Geht mitten in die Blumen, bleibt nicht auf den Wegen",
rät Terry Hannefeld den Besuchern des Anza Borrego State Parks, die auf Plastikstühlen vor ihm sitzen. In zwei Wochen sei es mit der Schönheit vorbei.
Ein paar Meter weiter verteilen ehrenamtliche Helfer an Klapptischen Wanderkarten und Informationen. Hinter ihnen windet sich eine Autoschlange im Schritttempo Richtung Parkplatz.
Im Garten rund um das Zentrum des Wüstenparks bewundern Touristen unter wolkenlosem Himmel bei 32 Grad grün, gelb und lila blühende Kakteen, Wüsten-Butterblumen und zarte Blüten, die aus Dornbüschen sprießen.
Dorothy: "Sie sind wirklich wunderschön. Gelb, weiß und lila. Sehr hübsch."
Kent: "Soviel Regen hatten wir seit 40, 50 Jahren nicht mehr. Die Wüste blüht und wir wollen es sehen!"
Dorothy und Kent Roberts sind zum ersten Mal in Anza Borrego, obwohl sie keine zwei Fahrtstunden entfernt an der Küste wohnen.
Mehrere Tausend Besucher pro Tag
Die Rentner, ausgestattet mit Spiegelreflexkameras und breitkrempigen Sonnenhüten bücken sich zu den Blüten.
Dorothy: "Ich mache so gerne Fotos von Blumen und Landschaften! Sie sind so schön. Jedes Jahr mache ich eine Weihnachtskarte mit einer Nahaufnahme von Blumen."
Normalerweise kommen höchstens ein paar hundert Besucher jeden Tag in das Besucherzentrum. Derzeit sind es mehrere Tausend. Und einer ist beim Wandern in der Hitze ohnmächtig geworden. Der Notarztwagen ist schon unterwegs. Ranger Steve Bier erzählt den anderen unterdessen weiter unterhaltsame Geschichten über das Leben der Pflanzen in der Wüste:
"Viele unserer Blumen schließen ihre Blüten über Nacht und Wüstenbienen finden in diesen Blüten Schutz vor Kälte und Raubtieren. Am Morgen macht die Blume einen kleinen Hula-Tanz und lässt die Biene wieder frei."
Der Ranger rät, zu einer der Ebenen in der Steinwüste zu fahren, die Winter-Regengüsse in ein Blütenmeer verwandelt haben. Auch hier parken Dutzende Autos. Zwischen den Blüten posieren Models in eng anliegenden und durchsichtigen Gewändern für ein Foto-Shooting.
Ein paar Meter entfernt vom Straßenrand wird es still. Der Blick konzentriert sich nun ganz auf das scheinbar endlose Feld aus kniehohen gelben, weißen und lila Blumen. Beim genauen Hinsehen entdeckt man Blüten aller Farben aus Sand und Fels hervorbrechen, dazwischen Bienen, schillernd leuchtende Käfer und zeigefingerdicke neongrüne Raupen.
Noch größere Blütenpracht
Familie Boyce aus San Diego - Vater, Mutter und drei Kinder - entdeckt gerade Riesen-Larven, die an Blumenstängeln klebend Blüten in sich hineinstopfen. Ein Schauspiel, dass schnell vorbei sein wird. Ranger Bier:
"Über Nacht können Raupen dieses Feld zerstören. Dann kommen Falken zu Hunderten wenn nicht Tausenden aus Argentinien und Mexiko. Sie essen diese voll gefressenen Raupen auf ihrem Weg durch die Wüste zu ihren Brutstätten."
Mutter Kimberley Boyce hört staunend zu. Sie ist in Kalifornien geboren. Ein Blütenfeld wie dieses hat sie in der Wüste noch nie gesehen.
"Es ist so schön, aus der kahlen Wüste zu kommen und all diese Farben zu sehen und Natur zu genießen. Wir werden Fotos machen und die Kinder alles entdecken lassen."
Sie verschwinden tiefer ins Feld. Die Sonne senkt sich über der Ebene. Das Licht eignet sich besser zum Fotografieren, die Luft wird etwas kühler. Und Ranger Bier tröstet alle, die diese Rekordblüte in Anza Borrego verpassen:
"Das Ganze wird sich Richtung Norden bewegen. Es wird noch bessere Blütenfelder in Death Valley, in den Bergen und bei Lake Tahoe geben, dann bis hoch nach Oregon und Washington."