Kroatien

Politische Rückwärtsrolle spaltet die Gesellschaft

Der kroatische Kulturminister, Zlatko Hasanbegovic, im April 2016 in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Jasenovac
Der kroatische Kulturminister, Zlatko Hasanbegovic, im April 2016 in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Jasenovac © imago/Pixsell
Von Alida Bremer |
Der noch amtierende Kulturminister Kroatiens Zlatko Hasanbegovic hat mit seiner Begeisterung für den Hitler-Faschismus das Land tief gespalten. Bei den bevorstehenden Wahlen wird sich zeigen, für welche Regierung sich die Kroaten entscheiden.
Bei den Wahlen für das kroatische Parlament, die am 8. November 2015 stattfanden, wurde die sozialdemokratisch-liberale Koalition abgewählt. Diese Koalition hatte bei den Wahlen im Jahr 2011 leichtes Spiel, übernahm sie doch das Land nach acht Jahren national-konservativer Regierung, die ihre Regierungszeit mit einem Korruptionsskandal beendete.
Doch auch die Sozialdemokraten und Liberalen enttäuschten ihre Wähler durch die Fokussierung auf einen parteiinternen Klientelismus.
Deshalb verwunderte es kaum, dass bei den Wahlen vor weniger als einem Jahr eine dritte Kraft auf der politischen Szene auftauchte: Most, Die Brücke, ein Bündnis, das nahe den konservativen Kreisen um die katholische Kirche steht.
Als das Parlament der Republik Kroatien am 15. Juli aufgelöst wurde, war damit eine kurze und katastrophale Periode der neuesten kroatischen Geschichte zu Ende gegangen. Gekennzeichnet war sie von einer Wende nach Rechts – und von einem erbitterten Widerstand, den die Kulturschaffenden dieser Wende entgegensetzten.

Altbewährte Ressentiments wieder aufleben lassen

Obwohl die gescheiterte Regierung in den sechs Monaten nichts Sinnvolles zustande gebracht hat, hat sie es dennoch geschafft, das Land zu polarisieren und die Wende nach Rechts teilweise zu institutionalisieren. Da nämlich die Koalition zwischen der konservativen HDZ und Most nicht viel zu bieten hatte, griff sie während der kurzen Regierungszeit in die auf dem Balkan erprobte Kiste aus Nationalismus, Revisionismus, Ressentiments, Patriarchat, Homophobie, Medienschelte und Versuchen, die Menschenrechte auf ein national-konservatives Paradigma zu reduzieren.
Der Schlüsselwart dieser Büchse der Pandora ist Zlatko Hasanbegovic, ein Historiker, der von der HDZ zum Kulturminister ernannt worden war. Kulturminister Hasanbegovic ist für seine positive Haltung zur faschistischen Ustascha-Bewegung aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs berüchtigt, für seine abschätzigen Bemerkungen über den antifaschistischen Kampf der Tito- Partisanen sowie für die Verehrung, die er Hauptsturmführer Husein ef Cozo entgegenbringt, dem Imam des 28. Regiments der 13. Waffen SS Division Handžar, die sich aus bosniakisch-muslimischen Kämpfern zusammensetzte.
Trotz Auflösung des Parlamentes Zeichen gesetzt
Obwohl sich beinahe alle relevanten Kulturschaffenden im Land gegen ihn aufgelehnt haben, obwohl namhafte Persönlichkeiten aus dem Land und aus dem Ausland eine Petition für seinen Rücktritt unterschrieben, obwohl der Vorsitzende der HDZ Tomislav Karamarko, der Hasanbegovic zu diesem Ministerposten verholfen hat, inzwischen von der politischen Szene verschwunden ist und die Regierung seit der Auflösung des Parlaments im Juli nur noch provisorisch im Amt ist, setzt der Kulturminister seine Politik unbeirrt fort.
Er säubert die Medien und lehnt weiterhin jeden Dialog mit den Künstlern ab. Sein Wirken führte zur Spaltung der Gesellschaft: Die kroatische Kultur war von weltoffenen, politisch kritischen, multikulturellen und proeuropäischen Tendenzen geprägt; nun scheint die Stunde diverser Heimatdichter und Heimatmaler gekommen zu sein. Das Publikum ist entsprechend gespalten, und die Debatte zwischen Modernisten und Traditionalisten verlagert sich häufig aus dem Bereich der Kunst auf Fragen der Ideologie und der Politik.
Die gescheiterte Regierung hat mit Kulturminister Hasanbegovic ihren einzigen Erfolg verbucht, denn die Stimmung im Land ist rauer geworden. Ob seine Politik der Unterdrückung und der Missachtung der kritisch gesinnten kulturellen und zivilgesellschaftlichen Szenen sowie aller kritischen Medien erfolgreich war, wird sich bei den Wahlen am 11. September zeigen.

Alida Bremer, freie Autorin, Übersetzerin, Herausgeberin und Literaturwissenschaftlerin. Promotion im Fach Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Saarbrücken. Sie übersetzte zahlreiche Romane, Theaterstücke, Gedichtbände und Essays aus dem Kroatischen, Serbischen und Bosnischen ins Deutsche. Ihr erster Roman Olivas Garten ist 2013 beim Eichborn Verlag in Köln erschienen. Der Roman wurde ins Mazedonische und ins Kroatische übersetzt; ihre Erzählungen, Gedichte und Essays wurden in verschiedene Sprachen übersetzt.

Alida Bremer - deutsch-kroatische Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturwissenschaftleri, * 1959 in Split
© Foto: Ali el Baya
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