Kultursponsoring in Los Angeles

Kritik am Einfluss der Reichen wächst

05:47 Minuten
Die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles
Ohne Philanthropen gäbe es keine Walt Disney Concert Hall. © picture alliance/CTK/Pavel Vesely
Von Kerstin Zilm · 19.04.2019
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Kultursponsoring hat in den USA eine lange Tradition, die Kulturinstitutionen sind auf private Spenden angewiesen. Öffentliche Gelder werden unter Trump mehr und mehr gestrichen. Das bringt Probleme - nicht nur, wenn das Geld von der Sackler-Familie kommt.
In Los Angeles heißen die großen Philanthropen der Kunstwelt nicht Sackler, sondern zum Beispiel Eli und Edythe Broad, Dr. Dre und David Geffen. Sie machen ihr Geld mit Immobilien, Musik und Filmen. Sie spenden Millionen für Universitäten, Konzerthallen und Museen.
Ohne Philanthropen gäbe es keine Walt Disney Concert Hall und keinen Erweiterungsbau für das Los Angeles County Museum of Art (LACMA) von Architekt Peter Zumthor. Kunstsammlerin Elaine Wynn gab für die Erweiterung 50 Millionen, Fernsehmogul Jerrold Perenchio 25 und Filmproduzent Geffen 150 Millionen. Der Neubau wird "David Geffen Galleries" heißen. Doch es fehlen noch ein paar Millionen bis zum ersten Spatenstich. LACMA-Direktor Michael Govan sagt:
"Meine Freunde in New York sagen immer, dass Kunst-Philanthropie in Los Angeles nicht so verbreitet ist, und sie haben Recht - nicht nur im Vergleich zu New York, sondern auch zu Houston und Chicago. Wer für den Anbau spendet, beweist, dass der Wille, einen öffentlichen Ort zu fördern, wo die Bewohner der Stadt zusammenkommen werden, größer ist, als erwartet."

Eli Broad fördert Kultur und Privatschulen

Inzwischen schaut die Öffentlichkeit allerdings deutlich kritischer darauf, wer Kunst in Los Angeles finanziert. Beispiel Eli Broad: Ohne Kunst- und Geldspenden des Unternehmers ist die Kulturszene von Downtown Los Angeles nicht denkbar. Doch Broad finanziert zum Beispiel auch den Kampf für mehr Privatschulen und gibt Politikern, die seine Ziele im Bildungsbereich verfolgen, großzügige Spenden.
David Callahan, Autor eines Buchs über den Zusammenhang von Reichtum, Macht und Philanthropie in einem Interview mit dem Radiosender KPCC: "Alle lieben sein Museum und was er für die Kunstszene getan hat. Aber warum soll er als einzelne Person so viel Einfluss auf die Politik haben? Nur weil er reich ist? Das ist nicht demokratisch. Er steuert mit seinem Geld Kunst und politische Reformen. Das ist viel Macht für einen Mann."

Umgang mit Spenden von Harvey Weinstein und Dr. Dre

Noch hat diese Kritik an Broad keine sichtbaren Konsequenzen im Kulturleben der Westküsten-Metropole. Anders ist der Fall Harvey Weinstein: Fünf Millionen Dollar hatte er der Universität von Southern California - USC - zugesagt. Mit dem Geld sollten an deren Filmschule Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen und Produzentinnen gefördert werden. Das war vor den Vorwürfen der sexuellen Belästigung gegen Weinstein. Als die bekannt wurden, gab USC das Geld zurück.
Die 70 Millionen Dollar hingegen, die Rap Mogul Dr. Dre mit Musikproduzent Jimmy Iovine zur Gründung einer USC-Akademie für Kunst, Technologie und Unternehmen spendete, behielt die Uni. Auch Dr. Dre ist mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs konfrontiert. Sein Name steht nach wie vor auf dem USC-Gebäude.

Bisher keine Konsequenzen für Walt Disney

Es diskutiert auch niemand in Los Angeles ernsthaft, ob die Walt Disney Concert Hall umbenannt werden sollte, obwohl frühe Disney-Zeichentrickfilme eindeutig rassistische Züge haben. Die Kontroverse über Mickey Mouse in Blackface, also schwarz gemaltem Gesicht, tollpatschige Indianer sowie asiatische Charaktere mit Schlitzaugen und Hasenzähnen hat keine Konsequenzen für den Standort der LA Philharmoniker.
Walt Disneys Witwe Lillian spendete 50 Millionen Dollar für den Frank-Gehry-Bau. Mit seinen gewölbten Stahlwänden ist er inzwischen eine Ikone von Los Angeles.

Kritik am Einfluss der Reichen wächst

Trotzdem: Es bleibt nicht alles beim Alten. Kritik am Einfluss der Reichen auf die Kulturpolitik generell wächst. Sie erinnert an einen Satz des ehemaligen US-Präsident Theodore Roosevelt: "Keine Summe an gespendetem Vermögen kann dafür entschädigen, wie es erworben wurde." Philanthropie-Insider David Callahan sagt:
"Meine Bedenken sind außerdem, dass auch das, was am Ende präsentiert wird, vor allem das Denken von reichen Unternehmern reflektiert. Und die denken nicht wie du und ich. Weil reiche Spender sagen, wo es langgeht, werden vor allem ihre Ansichten und Werte reflektiert."

Hollywood-Promis für öffentliche Finanzierungen

So ist es nicht wirklich überraschend, dass vor ein paar Tagen Hollywood-Promis nicht nur zur Spendengala des County Museum of Art erschienen, sondern auch zu einer Stadtratsversammlung. Unter anderen machte sich Diane Keaton für öffentliche finanzielle Unterstützung des neuen Gebäudes stark:
"Ich freue mich so darauf. Ich liebe das Museum. Direktor Michael Govan ist enthusiastisch. Der Architekt Zumthor ist mehrfach ausgezeichnet. Es wird gut werden. Ich hoffe, Sie stimmen für die Unterstützung. Sie ist es wert."
Der Stadtrat stimmte zu. Mit 117 Millionen ist er nach Filmproduzent David Geffen der zweitgrößte Geldgeber. Als öffentliche Institution steht die Stadtverwaltung natürlich nicht auf der Wand des Museums.
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