Libanesisches Magazin "Ad-Dabbour"

Satire mit Grenzen

Er hält die aktuelle Ausgabe des Magazins in der Hand, mit der das Blatt auf die Charlie-Hebdo-Anschläge reagiert.
Der Chefredakteur des libanesischen Satire-Magazins "Ad-Dabbour", Joseph Moukarzel. Er hält die aktuelle Ausgabe in der Hand, mit der das Blatt auf die Charlie-Hebdo-Anschläge reagiert. © Deutschlandradio Kultur / Juliane Metzker
Von Juliane Metzker |
Ad-Dabbour ist das einzige Satiremagazin im Libanon. In den Beiträgen werden der Islamische Staat, die Hisbollah und der Staat Syrien kritisiert und aufs Korn genommen. Religiöse Themen sind aber tabu.
Eine Karikatur zeigt den Eifelturm als Bleistift, den ein blutiges Messer durchfährt. Das Messer bricht – kann seine brutales Werk nicht zu Ende führen. Daneben: die Gesichter der Opfer des Anschlages auf die französische Redaktion Charlie Hebdo. Diese Karikatur veröffentliche das einzige Satiremagazin im Libanon mit dem Namen Ad-Dabbour, zu Deutsch "das Wespennest". Sein Chefredakteur Joseph Moukarzel stand im engen Kontakt mit Charlie Hebdo und trauert über den Tod seiner Kollegen in Paris:
"Mord ist niemals die richtige Reaktion und macht keinen Sinn. Und ich glaube nicht, dass das Charlie-Hebdo-Attentat irgendeinen Zweck erfüllt hat.
Ad-Dabbour-Chefredakteur: Mohammadkarikaturen sind tabu
Wie in Frankreich hat Satire eine lange Tradition im Libanon. 1922 gründete Moukarzels Großonkel Ad-Dabbour. Seit den 20er-Jahren herrscht im Libanon eine relative Pressefreiheit. In Ad-Dabbour kritisieren heute muslimische als auch christliche Journalisten Politiker und die Gesellschaft im Libanon. Dennoch gibt es Grenzen: Moukarzel würde niemals Mohammadkarikaturen wie die westlichen Medien veröffentlichen.
"Bei religiösen Themen hört der Spaß auf. Wir können Religionen im Libanon nicht attackieren. Denn das Fundament des libanesischen Volkes sind die vielen verschiedene Glaubensgemeinschaften."

Der Libanon wird häufig von Bombenanschlägen erschüttert. Der Islamische Staat rückt in Syrien immer näher an seine Grenzen vor. Ad-Dabbour kritisiert die Islamisten durchaus, dennoch verzichtet man auf tiefgreifende Islamkritik, die verheerende Reaktionen wie in Paris auslösen könnte:

"Wir haben heutzutage eine globale Verantwortung. Wir haben eine Verantwortung gegenüber allen Menschen auf der Welt. Wenn wir solch sensible Themen behandeln, können wir viel Ärger bekommen. Besonders jetzt, da in der Region ein großer Krieg, mehr noch, ein religiöser Krieg wütet."
Journalisten ermordet, die Syrien offen kritisierten
Auch einige von Moukarzels Journalistenfreunden wurden im Libanon ermordet. Bei Attentaten vor knapp zehn Jahren starben Jebran Tueni, Chefredakteur der Tageszeitung An-Nahar, wie auch der Journalist Samir Kassir. Beide kritisierten offen Syrien, das seine Truppen nicht nach dem Ende des libanesischen Bürgerkrieges 1990 aus dem Libanon abzog.
"Einige unserer Freunde wurden im Libanon ermordet: Jebran Tueni, Samir Kassir und andere. Und ich fragte immer: Was hatten die Mörder davon? Welchen Zweck hatte es, diese Menschen zu töten? Tatsächlich wurden sie dadurch berühmter. Ihre Mörder machten sie zu Helden."
Herr Moukarzel, haben Sie keine Angst?
"Nein, ich habe keine Angst. Was sollen sie mir denn antuen? Mich töten? Ich würde sagen, es ist doch das Ziel eines jeden Journalisten, in die Geschichte einzugehen. Und das ist der einzige Weg für ihn, Geschichte zu schreiben. Die Journalisten von Charlie Hebdo sind in die Geschichte eingegangen, Jebran Tueni ist in die Geschichte eingegangen, Samir Kassir ist in die Geschichte eingegangen. Sie wären nicht in die Geschichte eingegangen, hätte man sie nicht ermordet. Das ist meine Philosophie."
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