Die beiden aufstrebenden Hamburger Jazz-Künstler Lisa Wulff und Nathan Ott. Sein Album "The Cloud Divers" ist Mitte Januar beim Label Unit Records erschienen. Die zweite CD des Lisa Wulff Quartetts trägt den Titel "Wondrous Strange" und erscheint im April. Live zu erleben sind sie aber schon in dieser Woche. Am Donnerstag gastieren sie im Blue Note in Dresden, am Freitag sind sie im Berliner Club b-Flat zu Gast, bevor es am Samstag weiter zum Jazzclub Rostock geht.
Zwei Hamburger Jazztalente starten durch
Beide kommen aus der Talentschmiede der Hamburger Musikhochschule: Die Bassistin Lisa Wulff steht mit Jazzstars auf der Bühne und im Studio. Der Schlagzeuger Nathan Ott hat sein erstes eigenes Album gleich mit einer sensationellen Besetzung eingespielt.
Nathan Ott hatte als Kind und Jugendlicher eigentlich Geige gespielt – und das nicht unerfolgreich. Als er 18 war, hat Ott in seiner Heimatstadt Augsburg ein Konzert mit dem amerikanischen Saxofonisten Dave Liebman gehört – ein einschneidendes Erlebnis:
"Ich war dabei, Wettbewerbe zu spielen, zu renommierten Lehrern zu gehen und der ganze Weg war eigentlich vorgeschrieben für mich. Und als ich das gesehen hab, und diese Freiheit, war das für mich so ein Befreiungsschlag. Mit Jazz anzufangen hat für mich bedeutet, mein eigenes Ding zu machen."
Wechsel von der Geige zum Schlagzeug
Das eigene Ding machen bedeutete den Wechsel von der Geige zum Schlagzeug. Von der Faszination an der Musik Liebmans inspiriert und angetrieben, träumte Ott davon, einmal selbst mit seinem großen Idol zu spielen.
Nathan Ott ging erstmal nach Hamburg, um bei Holger Nell Schlagzeug zu studieren. In der jungen Szene wurde er durch sein hochsensibles, präzises Spiel und seine enormen Fähigkeiten sich in den Sound einer Band einzuweben schnell ein gefragter Sideman.
Am Ende seiner Zeit an der Musikhochschule wurde Ott auf ein spezielles Förder-Projekt namens "Mixed Generations" aufmerksam und bekam die Chance, knapp zehn Jahre nachdem er zum Jazz gefunden hatte, seine eigene Musik gleich mit seiner großen Inspirationsquelle aufzunehmen:
"Die Idee von dem Projekt ist, einen Nachwuchsmusiker aus Hamburg, aus der Hamburger Szene, zusammenzubringen mit einem seiner Idole oder mit jemandem, der als Mentor in Erscheinung treten kann. Als ich dafür quasi ausgewählt worden bin, war für mich ziemlich schnell klar, dass das der Moment ist, um den Kreis zu schließen. Und so sind wir zusammengekommen Dave und ich."
"Ich bin da, wo ich sein sollte: an der Quelle"
"Für mich ist Dave Liebman jemand, der wirklich eine Quelle war und ist. Und jedes Mal, wenn wir spielen und wenn wir was miteinander zu tun haben, dann hab ich das Gefühl, ich bin da, wo ich sein sollte: an der Quelle. Wo ich über alles, was mich so interessiert über die Musik, über alles, wo ich da anzapfen kann."
Ähnlich wie Nathan Ott ist auch Lisa Wulff eine eher spät berufene Musikerin. Zum Bass kam sie erst mit 17 Jahren. An der Jugendmusikschule Hamburg begann sie dann, an Studienvorbereitungskursen teilzunehmen. Von da an gab es aber kein zurück mehr:
"Da hab ich schon die letzten zwei Jahre meiner Schulzeit eigentlich die ganze Zeit, alle Wochenenden und alle Freizeit damit verbracht irgendwie zu proben und mich mit Musik zu beschäftigen. Dann hab ich meinen ersten Prof, bei dem ich studiert hab, Detlev Beier, kennengelernt, der mir eine Stunde Unterricht geschenkt hat und so kam da einfach eins zum anderen – und dann hab ich gedacht: Naja, mach halt Aufnahmeprüfung und guck doch erstmal.'"
Gespür für Rhythmus und Groove
An der Hamburger Musikhochschule dann angenommen, hat Lisa Wulff auch die Musiker für ihr eigenes Quartett kennengelernt, mit denen sie schon seit einigen Jahren zusammenspielt. Die Vertrautheit, die Lisa Wulff mit Adrian Hanack am Saxofon, Pianist Martin Terens und Drummer Silvan Strauß in dieser Zeit aufgebaut hat, ist auf dem neuen Album "Wondrous Strange" deutlich zu spüren.
Das Quartett findet den perfekten Mittelweg zwischen arrangierten und frei improvisierten Strecken. Lisa Wulff dazu:
"Es macht es besonders und für mich total schön, dass die Besetzung so bleibt und dass alle irgendwie Lust haben zu spielen und dass es nicht so ein 'Hey! Hast Du Zeit morgen ins Studio zu gehen? Ja, Gigs, weiß ich nicht ... ' So 'ne Telefonband gibt's ja auch irgendwie zu Hauf, kann ja auch gut funktionieren, aber ich brauch das total, dass man sich auch so kennt."
In ihrem Quartett kommt Lisa Wulffs Gespür für Rhythmus und Groove genauso zur Geltung wie die Selbstverständlichkeit und Coolness, die ihr Bassspiel besonders auszeichnet. Doch die eigene Band ist nur ein Teil von Lisa Wulffs Musikeralltag.
Besondere Begegnung mit Jazzlegende Rolf Kühn
Die 27-Jährige spielt unter anderem im Quartett des Posaunisten Nils Landgren und stand schon mit bedeutenden Musikern wie Michael Wollny und Wolfgang Haffner auf der Bühne. Nach einem Konzert in Berlin kam es dann zu einer besonderen Begegnung mit Jazzlegende Rolf Kühn:
"Ich stand dann nach dem Gig so ein bisschen rum und wusste nicht so genau, wohin mit mir. Und dann kam Rolf halt an und hat mich angesprochen. Ich bin jetzt niemand, der dann so hingeht und sagt: Hallo ich kenn dich, wollen wir Musik machen'"
Aber von Starallüren war hier nichts zu spüren:
"Der Mann ist 88, der hat keine Lust, sich mit belanglosen Sachen wie Hierarchie zu beschäftigen, der will Musik machen, das ist total schön. Und dann rief er an und wollte seine neue Platte machen. Und das war ein wahnsinnig respektvolles Miteinander, obwohl wir uns alle gar nicht kannten."
Zwei von vielen jungen Hamburger Musikern
Lisa Wulff und Nathan Ott sind nur zwei von vielen jungen Hamburger Musikern, die auf dem Weg sind, sich an der Seite ihrer prominenten Kollegen, aber auch mit ihren eigenen Projekten in Deutschland und Europa einen Namen zu machen, mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Dazu Wulff:
"Das sind so andere Dimensionen, dass man da dann in ein Studio fährt in Berlin, um da Fotos und Video und EPK zu machen, da hab ich einfach kein Geld für bei meiner Band. Ich bin halt 27 und Rolf macht das auch schon ein bisschen länger als ich und ich find okay, dass das so bei ihm ist."