Die ARD sendet dazu heute, 23.2. 2015, um 22.45 Uhr - Die Story im Ersten: Mit Kindern Kasse machen
Wenn Jugendhilfe zum Geschäft wird
Das Geschäft mit der Jugendhilfe blüht. Aus Angst vor neuen Todesfällen und Vernachlässigungen holen die Jugendämter immer schneller Kinder aus ihren Familien – im Schnitt 100 Kinder pro Tag. Doch der Staat hat kaum noch eigene Jugendhilfe-Einrichtungen. Freie Träger springen ein. Sie sind teuer und werden kaum kontrolliert.
Die Zahl der Inobhutnahmen sind seit 2005 um 64 Prozent gestiegen. Diese Kinder müssen untergebracht werden, und die Jugendämter sind personell und finanziell schlecht ausgestattet. Die Folge: Freie Träger übernehmen die Versorgung der Kinder und bekommen dafür monatlich viel Geld von den Jugendämtern.
Kontrollen finden nicht oder nur unzureichend statt. Ob das Geld den Kindern zugute kommt, ist ungewiss. Zugleich sind die Kosten der Jugendhilfe stark gestiegen – auf nunmehr 4,4 Milliarden Euro im Jahr.
Hören Sie dazu den Beitrag von Anna Osius:
Der Staat ist verpflichtet, den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten, habe diese Aufgabe aber fast vollständig outgesourct, beklagt Falko Liecke, stellvertretender Bezirksbürgermeister und Stadtrat für Jugend und Gesundheit in Berlin-Neukölln.
Im Interview mit Deutschlandradio Kultur sagte er:
"Wir sind nicht mehr in der Lage, diese Infrastruktur aufzubauen und zur Verfügung zu stellen. Wir sind gezwungen, über externe Träger fast zu jedem Preis, der aufgerufen wird, entsprechende Unterbringungen zu machen."
Und weiter:
"Ich habe momentan keine Möglichkeit, beispielsweise eine eigene Heimeinrichtung zu betreiben. (...) Es wurden eigene Heimeinrichtungen abgeschafft, es wurde eigenes Personal abgeschafft, in dem irrigen Glauben, dass das alles viel, viel preiswerter durch Dritte – durch Träger – zu erbringen ist. Und jetzt kriegen wir die Quittung, indem wir Tagessätze von teilweise bis zu 370 Euro am Tag haben."
Hören Sie hier das Interview mit Falco Liecke: