Mixed-Reality-Brillen

Dank Hightech mit Messi auf dem Platz

05:36 Minuten
Lionel Messi spielt einen Pass.
Im sportlichen Clinch mit Lionel Messi: Auch Besitzer von Mixed-Reality-Brillen könnten bald eine Vorstellung davon bekommen, wie sich der Kampf um den Ball anfühlt. © picture alliance / Pro Shots / Pressinphoto
Von Stefan Osterhaus |
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An einem Sportereignis teilhaben, ohne vor Ort zu sein? Datenbrillen, die eigentlich für die Arbeitswelt entwickelt werden, können das ermöglichen. Die dafür nötige Mixed-Reality-Technik hat in der Pandemie einen Entwicklungsschub erfahren.
Was für eine Vorstellung: Im Stadion sein, ohne tatsächlich auf der Tribüne zu stehen, das Spiel beobachten, mit anderen Fans feiern. Gerade in Zeiten der Pandemie ist dies eine verlockende Vorstellung – und sie könnte bald Realität werden.
"Augmented Reality" lässt sich als "erweiterte Realität" übersetzen. An dieser Technik wird nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland intensiv geforscht. Gerade am Fraunhofer-Institut wird dies betrieben, mittlerweile haben sich einige Unternehmen ausgegliedert.

Die reale Welt virtuell überblenden

Ulrich Bockholt, der sich vor allem mit der Software beschäftigt, erklärt, wie man sich Augmented Reality vorstellen kann: "Augmented Reality ist die Verschmelzung von einer realen und einer virtuellen Welt. Und dazu wird dann die reale Welt häufig mit Kameras erfasst. Und im Kamerabild kann dann virtueller Content – also 3-D-Modelle oder digitale Informationen – die können dann der realen Welt überblendet werden."
Zur Erfassung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Aber ein mögliches Werkzeug dafür hat fast jeder in seinem Besitz.
"Da gibt es einmal die Möglichkeit dafür, Smartphones zu nutzen", erklärt Bockholt. "Dann erfasse ich meine Umgebung mit der Smartphone-Kamera, und dieses Kamerabild wird in Echtzeit um digitale Informationen überlagert. Und noch eine bessere Möglichkeit ist es, da eine Augmented-Reality-Datenbrille zu nutzen. Und durch diese Datenbrille kann ich durchschauen und bekomme dann aber auch in einer Überblendung die virtuelle Information angezeigt. Und die wird eben dann passgenau überlagert auf die Welt, die ich dann mit dem bloßen Auge wahrnehmen kann."

Einsatz in der Arbeitswelt – aber auch für Fußballfans

Selbstverständlich wird daran nicht allein geforscht, um Fußballfans ein Stadionerlebnis möglich zu machen. Der primäre Einsatz ist die Arbeitswelt. An einer Brille, die genau dies ermöglicht, arbeitet das Start-up Oqmented aus Itzehoe, gegründet von zwei ehemaligen Fraunhofer-Forschern. 25 Mitarbeiter arbeiten hier an einem Modul für eine Datenbrille.
Benedikt Kläs, Vertriebsvorstand, erklärt: "Oqmented baut siliziumbasierte Mikrospiegel, welche mit einer hochfrequenten, zweidimensionalen Spiegelplatten-Bewegung einen RGB-Laser in ein hochauflösendes Bild übertragen. Dieses wird dann in eine transparente Optik eingekoppelt und überlagert sich im Auge des Betrachters somit mit der Realität. Das Projektionsmodul ist in den Brillenbügel integriert und von einer normalen Brille kaum zu unterscheiden.
Gewissermaßen unsichtbar, also. Der entscheidende Schritt dafür, dass solche Miniaturlösungen möglich sind, liegt in der Weiterentwicklung des Mobilfunks: Durch das neue 5G-Netz können die Informationen direkt in die Cloud geladen werden.
Sie müssen nicht mehr im Gerät im Prozessor verarbeitet werden, wodurch weniger Platz beansprucht wird – und auch weniger Energie benötigt wird. Live-Übertragungen lassen sich so ganz unabhängig vom Ort anschauen.

Nicht zu verwechseln mit der VR-Technik

Mit der so genannten Virtual Reality – der virtuellen Realität – sei diese Technik aber nicht zu verwechseln, sagt Kläs. "Im Gegensatz zum Virtual Reality sind sie mit ihrer Umwelt noch verbundenen und können entsprechend interagieren. Die VR-Brillen sind meist sehr klobig wie ein Kasten auf der Nase. Wir arbeiten an einem Formfaktor, einer alltagstauglichen Brille wie zum Beispiel an einer Sonnenbrille."
Bei bloßen Projektionen wird es nicht bleiben, sagt Kläs: "Durch die Umgebungserkennung oder auch 3-D-Sensing genannt, ist man in der Lage, Gesten und Bewegungen zu erkennen und mit dem projizierten Bild in Verbindung zu setzen. Diese Interaktion erlaubt es dem Nutzer, die Realitäten zu vermischen. Man spricht von Mixed Reality. Hierzu gibt es schon erste Lösungen für die Arbeitswelt. Jedoch sind diese nicht alltagstauglich oder für den Massenmarkt geeignet."

Entwicklungsschub durch die Pandemie

Die Massentauglichkeit dürfte aber bloß noch eine Frage der Zeit sein. Die Pandemie, sagt Kläs, habe der Branche noch einmal einen enormen Entwicklungsschub verliehen. Und dann könnten sich für die Sportfans Möglichkeiten auftun, die noch vor gar nicht lange Zeit unter Science Fiction verbucht worden wären.
"Somit ist es in wenigen Jahren vorstellbar, dass sie direkt mit Messi oder CR7 per Avatar im virtuellen Austausch stehen können und so ein Spiel ortsunabhängig live auf der Südtribüne des BVB zum Beispiel miterleben können", sagt Benedikt Kläs voraus. "Insgesamt werden die Lebens- und Realitätswelten miteinander verschmelzen. Nicht ohne Grund bringen Sony und Apple ein Fahrzeug auf die Straße, und die physische Welt und die digitale Welt verschmelzen mehr und mehr."
Das einzigartige Erlebnis, sich von Lionel Messi düpieren zu lassen, wäre dann nicht mehr nur einer Eliteklasse von überforderten Verteidigern vorbehalten. Wenn auch bloß virtuell.
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