"Das Publikum hat ein Recht auf Qualität und Vielfalt"
Theater werden zu 80 Prozent von Männern geleitet. Nur bei den Souffleusen, also im Niedriglohnbereich, ist das Verhältnis umgekehrt. Angelika Zacek vom Verein Pro Quote Bühne fordert die Häuser auf, in der nächsten Spielzeit 50 Prozent Regisseurinnen zu engagieren.
"Die Quote erhöht Qualität und Quantität. Die Quote ist beschämend für die Gesellschaft, dass man das einführen muss. Dass das nicht so funktioniert."
Angelika Zacek bringt es auf den Punkt. Eine Frauenquote – allgemein gesprochen – stigmatisiert nicht Frauen, weil sie vielleicht über einen Zahlenschlüssel in berufliche Posten rutschen: die Frauenquote stigmatisiert die Gesellschaft. Und zwar ausgerechnet unsere aufgeklärte, die von jetzt.
"Es ist doch Zeit, dass wir die Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft leben."
Die österreichische Regisseurin Angelika Zacek will Gleichberechtigung in ihrem Bereich, im Theater. Und sie will diese Gleichberechtigung mit dem Instrument der Quote installieren, als letztes Mittel der Wahl, eben weil es anders nicht geht. Wenn sich Qualität schon nicht durchsetzt, muss man ihr mit Quantifizierung nachhelfen. 50 Prozent aller Stellen im Theaterbereich sollen an Frauen gehen, fordert der Verein Pro Quote Bühne, dem Angelika Zacek vorsteht. 50 Prozent: und zwar auf allen Ebenen. Von der Souffleuse bis hin zur Intendantin. Zaceks Hauptargument ist elementar:
"Seit fast 70 Jahren gibt es das GG, wo die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben ist. Seit 35 Jahren diskutiert Deutschland über die Quote. Stellen Sie sich vor, seit 35 Jahren: das ist fast mein ganzes Leben lang."
Ungleiche Verteilung vor allem im Bereich Regie
Die Gleichberechtigung der Frau ist zwar im Grundgesetz verankert, wird aber faktisch gesellschaftlich in Deutschland nicht umgesetzt. Wie eine gerade veröffentlichte Studie der Staatsministerin Monika Grütters darlegt, ist allein die Leitung von Theatern eine Männerdomäne mit 80 Prozent Männeranteil. Und das seit 20 Jahren. Nur bei den Souffleusen, also im Niedriglohnbereich, sind die Frauen unter sich – mit 80 Prozent. Aber auch da gilt – so Angelika Zacek:
"Je älter, desto raus, sagt eine Kollegin immer von mir."
Im Bereich der Regie ist die Verteilung besonders frappant. Findet man bei den Regieassistenzen noch ein fast paritätisches Verhältnis von 51 Prozent Frauenanteil und 49 Prozent Männeranteil, verschiebt sich das Verhältnis massiv beim Berufseinstieg:
"Wenn aber beim Berufsanfang 70 Prozent Männer arbeiten dürfen und 30 Prozent Frauen. Da fällt schon mal was weg. Wir haben keine künstlerische Freiheit, wenn wir nicht arbeiten dürfen. Von den Hochschulen kommen aber gleich viele Regisseurinnen und Regisseure in den Beruf."
Über die Gründe dieser plötzlichen Verschiebung lässt sich nur spekulieren, auch weil es keine Transparenz über das Auswahlverfahren von Regisseuren gibt. Solche Entscheidungen werden hinter verschlossenen Türen gemacht, nach Kriterien, die für jedes Haus andere sind.
"Qualität und Vielfalt, beides erhöht sich durch die Quote"
Angelika Zacek fordert die Frauenquote aber nicht aus egoistischen Gründen, sondern aus soziopolitischen Überlegungen heraus. Ein Theater hat nunmal die Gesellschaft als ganze abzubilden und nicht einen männlichen Blick auf die Welt.
"Das Publikum hat ein Recht auf Qualität und Vielfalt, beides erhöht sich durch die Quote."
Die Quote tatsächlich zu installieren, ist die größte Herausforderung. Eben dafür kluge Strategien zu entwickeln. Erst mal heißt es: Reden, reden, reden. Also, eine Öffentlichkeit zu schaffen. Aber auch pragmatisch zu handeln.
"In den Häusern zum Beispiel. Jetzt werden gerade Spielpläne für die nächste Spielzeit an den Theatern erarbeitet. Jetzt können die Häuser sofort darauf reagieren und 50 Prozent Regisseurinnen engagieren. Wenn sie das Thema 'Gleichberechtigung' ernst nehmen. Man muss einfach nur wollen, die Chancengleichheit."
Pro Quote Bühne ist Teil eines größeren Netzwerkes von 16 Frauenverbänden, die gleiche Bezahlung, gleiche Teilhabe und Transparenz und Verbindlichkeit fordern. Dass ausgerechnet der Kosmos der Bühne, als eine der freisten Kunstformen mit Bezug zur realen Gesellschaft, diese Werte nicht umsetzt, ist 2017 kleinmütig.