Bundeswehr und re:publica - Markus Beckedahl, ein Mitbegründer der Internetkonferenz, verteidigte im Deutschlandfunk die Entscheidung der Veranstalter.
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Guerilla-Aktion der Bundeswehr löst eine Debatte aus
Die Bundeswehr hat vor dem Eingang der Internetkonferenz re:publica in Berlin geworben. Die Veranstalter wollten sie dort nicht haben und wurden dafür reichlich kritisiert. Unsere Autorin Christine Watty hat noch einmal nachgefragt.
Die Bundeswehr hat mit einer Art Guerilla-Aktion vor dem Eingang der Internetkonferenz Werbung gemacht. Am Mittwoch sagte zur Eröffnung der Mitbegründer der Internetkonferenz re:pubilca Johnny Haeusler dazu:
"Wir haben der Bundeswehr, die versucht hat, uns zu hacken, deutlich gesagt, dass wir nicht möchten, dass auf der re:publica rekrutiert wird. Sie stehen im öffentlichen Raum. Sie sind nicht eingeladen worden. Wir haben ihnen deutlich gesagt, dass wir das nicht möchten. Sie haben einen riesen Wagen da stehen. Lasst Euch davon bitte nicht provozieren. Da steht drauf: 'Zu bunt gehört auch grün'. Ich finde, wir haben hier schon genug grün. Danke."
Es werde immer wieder behauptet, die re:publica habe grundsätzlich ein Problem mit der Bundeswehr, sagte Christine Watty im Deutschlandfunk Kultur. Die Situation sei aber etwas komplizierter, als sie im ersten Moment erscheinen würde.
Eine Nachfrage bei den Veranstaltern hätte ergeben, dass man, wie mit allen anderen Partnern der Internetkonferenz auch, mit der Bundeswehr darüber verhandelt hätte, wie man sich präsentieren würde. So hätte die Bundesehr einen Rekrutierungsstand mit Soldaten und Soldatinnen, womöglich in Uniform, aufbauen wollen auf der Konferenz. Die Verantwortlichen der re:publica hätten davon abgeraten, sagte Christine Watty, weil das nicht in den Kontext der Konferenz passen würde und möglicherweise Besucher und Besucherinnen verunsichert hätte.
"Es ging hier um eine Art der Präsentation"
Watty: "Ich bin nicht die Anwältin dieser Veranstaltung. Nur das ist das, was von Seiten der re:publica verlautbart wurde, das jetzt so durch die Medien ging. Was ja auch so ein lustiges Phänomen ist, dass wir jetzt auf solch einer Konferenz sitzen, wo wir uns darüber unterhalten, wie News funktionieren und wie ziemlich schnell Geschichten durch das Internet wabern. Auf jeden Fall, glaube ich, ging es hier um eine Art der Präsentation und nicht um ein grundsätzliches Ausladen der Bundeswehr."
"Schon immer eine dezidiert pazifistische Konferenz"
Man müsse sich auch auf der Zunge zergehen lassen, dass die Bundeswehr "eine Guerilla-Aktion" durchführe, um an einen Ort zu kommen, wo sie nicht erwünscht ist, sagte der Autor Friedemann Karig. So sei die re:publica "schon immer eine dezidiert pazifistische Konferenz" gewesen.
Natürlich könne man auch über eine pazifistische Parlamentsarmee streiten, aber darum sei es nicht gegangen, so Karig. Die Bundeswehr hätte Aufmerksamkeit erreichen wollen.
"Sie hat mit den typischen Mechanismen der Öffentlichkeit so gespielt, so wie es auch sonst um ihr Rüstzeug bestellt ist, und das ist eher schlecht, wie ich finde. Und diese Aktion bestärkt diese Konferenz eher in ihrer pazifistischen Identität, dass sie eben keine Menschen in Uniform haben will."
Zu der Debatte äußerte sich am Donnerstag auch der Moderator Jan Böhmermann auf der re:publica. Man solle sich öffnen und auch mit der Polizei und Bundeswehr reden. Der Mitgründer der Internetkonferenz Markus Beckedahl sagte dazu am Donnerstag im Deutschlandfunk:
"Ich glaube nicht, dass das an uns gerichtet war. Denn wir haben Soldaten und wir haben auch Mitarbeiter der Bundeswehrakademie bei uns im Programm. Das heißt, wir stellen uns und wir widersagen uns nicht einem Dialog. Aber wir haben ganz klar der Bundeswehr gesagt, dass wir keinen Rekrutierungsstand für ihre Cyberarmee auf unserer Konferenz haben möchten. Und dass wir ihnen deswegen eine Sponsorenanfrage mit nein beantworten."
Nach Meinung der re:publica-Verantwortlichen sei es die Absicht der Bundeswehr gewesen, für ihre Cyberarmee im Internet Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu rekrutieren, sagte Markus Beckedahl.
Vorwurf des "Bundeswehreinsatzes im Inneren"
"Wir haben der Bundeswehr gesagt, wir stehen für einen Dialog offen. Aber mit den politisch Verantwortlichen für diese Strategie, die ja eine Militarisierung des Netzes bedeutet, konnte man im letzten Jahr leider keinen Verantwortlichen aus dem Verteidigungsministerium organisieren. Und wir sehen es nicht ein, warum die Bundeswehr für sich das Recht in Anspruch nimmt, auf einer privaten Veranstaltung in Uniform werben zu dürfen."
Markus Beckedahl wirft der Bundeswehr jetzt eine "leichte Desinformationskampagne mit den Mitteln der Propagandaabteilung" in den Sozialen Medien vor.
"Die Bundeswehr hat selbstverständlich als Armee auch Propagandaabteilungen. Das nennt sich PsyOps. Und wir haben das Gefühl, dass hier gezielt mit leichten Falschdarstellungen, dass bestimmte Informationen nicht genannt werden, eine öffentliche Meinungsbildung manipuliert werden soll. Was einem Bundeswehreinsatz im Inneren fast schon gleich kommt. Das wirft aus unserer Sicht auch viele verfassungsrechtliche Fragen auf. Und wir werden im Nachgang an die re:publica mal alles aufarbeiten, inklusive der ganzen uns vorliegenden Kommunikation, die wir mit der Bundeswehr haben. Und wir haben auch schon Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt, was denn für Dokumente zur Vorbereitung dieser Aktion im Verteidigungsministerium zu finden sind."
(jde)