"Wir können niemanden ausschließen": Bei der Frankfurter Buchmesse gibt es Absagen, weil rechte Verlage dort mit Ständen vertreten sind. Messedirektor Juergen Boos rechtfertigt ihre Teilnahme mit dem offenen Diskurs. Einer der Grundpfeiler der Messe sei die Meinungsfreiheit.
Wehrhaft sein und es den Rechten ungemütlich machen
07:10 Minuten
Erneut wird über rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse debattiert. Dieses Mal sei der Protest allerdings lauter als in den Jahren zuvor, sagt die Journalistin Hadija Haruna-Oelker. Sie fordert, der Diskussion eine neue Richtung zu geben.
"Kein Platz für Nazis", fordert die Schwarze Autorin Jasmina Kuhnke und hat ihren Auftritt auf der Buchmesse in Frankfurt am Main abgesagt. Sie sollte an einer Diskussionsrunde teilnehmen - in unmittelbarer Nähe zum Stand des Verlags Jungeuropa, der von einem bekennenden Rechten geführt wird. Weitere Literaten sind Kuhnke gefolgt und wollen ebenfalls nicht zur Messe kommen.
Seit zwei Tagen wird nun wieder debattiert - eigentlich aber schon seit vier Jahren, da gab es eine ähnliche Situation auf der Buchmesse. Wirklich weiter gekommen ist die Diskussion wohl nicht. Die Buchmesse argumentiert mit der Meinungsfreiheit und Menschen, die man eben aushalten muss, solange sie sich in einem bestimmten politischen Rahmen bewegen. Andere reagieren mit komplettem Unverständnis.
"Der Protest 2017 war laut, dieses Mal ist er lauter", sagt Hadija Haruna-Oelker. Für die Journalistin, die auch Mitglied der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland ist, stellt sich die Frage, wie die Messe jetzt mit dieser Lautstärke umgeht. Denn das Thema sei auf der Buchmesse nicht neu.
Schon seit Jahren würden bei der Planung der Messe Menschen wie Jasmina Kuhnke nicht mitgedacht, sagt Haruna-Oelker. Auch ob man mit Rechten reden müsse oder nicht, sei eine alte Frage.
"Der Protest 2017 war laut, dieses Mal ist er lauter", sagt Hadija Haruna-Oelker. Für die Journalistin, die auch Mitglied der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland ist, stellt sich die Frage, wie die Messe jetzt mit dieser Lautstärke umgeht. Denn das Thema sei auf der Buchmesse nicht neu.
Schon seit Jahren würden bei der Planung der Messe Menschen wie Jasmina Kuhnke nicht mitgedacht, sagt Haruna-Oelker. Auch ob man mit Rechten reden müsse oder nicht, sei eine alte Frage.
"Faktisch ist es nun einmal so, dass sie einen sehr prominenten Raum bekommen haben. Und neu ist, dass es total viele Autor:innen gibt, die früher keine Bücher geschrieben haben, die jetzt sehr prominent aus dem Diversitätsspektrum kommend eine Welle ausgelöst haben, eine Dynamik entfacht haben, die Druck ausübt. Und dieser Druck ist neu und stärker."
Halle, Hanau und Walter Lübcke
Sie verstehe die Betroffenen mit ihren Ängsten, sagt die Journalistin. Nach den Attentaten in Halle, Hanau und dem Mord an Walter Lübcke wäre es seltsam, wenn man rechte Kräfte und die damit verbundene Gefahr normalisieren würde, so Haruna-Oelker. "Geistige Brandstiftung" sei durchaus ein Thema.
Haruna-Oelker würde die Debatte gern "entpersonifizieren". Denn es gehe nicht allein um eine Person, sondern um ein "strukturelles Problem". Die Debatte über rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse sei für sie mitnichten zu Ende geführt. "Wenn wir jetzt weiterkommen, dann wäre die Boykottgeschichte zumindest erfolgreich gewesen."
Der Verlag Jungeuropa wurde in Sichtweite des Verlagsstandes platziert, an dem Jasmina Kuhnke zu Gast gewesen wäre. Man könne ja auch mal fragen, was das emotional und psychisch für betroffene Personen oder Autor:innen, die zum ersten Mal auf der Buchmesse seien, bedeute, sagt Hadija Haruna-Oelker.
Das habe sehr viel mit Empathie und einer wehrhaften Demokratie zu tun. Wenn man rechte Verlage auf der Buchmesse akzeptiere und ihnen einen Raum gebe, müsse man sich auch zu ihnen verhalten: "Wie mache ich zum Beispiel deutlich, dass sie zwar hier sind, aber für sie kein Platz ist, wie mache ich es ungemütlich?"
Raum? Den haben die Rechten schon lange
Unnötig findet Hadija Haruna-Oelker die Frage, ob man Rechten Raum geben sollte - denn diesen Raum hätten sie ja bereits seit Jahren. Es sei jetzt an der Zeit, einmal "richtig" darüber zu sprechen, so die Journalistin: "Was bedeutet es, wenn wir sie thematisieren? Was wäre, wenn wir sie ausladen? Gehen wir diesen Kampf ein? Sind wir wehrhaft?"
Anstatt über diese Themen zu reden, werde die Teilnahme rechter Verlage auf der Buchmesse "geduldet", meint Hadija Haruna-Oelker. "Wenn man sich gegen jede Form von Extremismus wenden will, dann muss man auch über ihn sprechen. Und das tut die Buchmesse bisher zu wenig."