Reden ohne Handeln

Der Sedierungseffekt des Klimadialogs

Ansicht des Kraftwerks Niederaußem von der RWE Power.
Die Bundesregierung müsste sofort aus der Braunkohle aussteigen, um die Klimaziele von Paris zu retten. © imago stock&people
Felix Ekardt im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke |
Der Petersberger Klimadialog soll den Weltklimagipfel vorbereiten helfen und die Staaten im Gespräch halten über den Klimawandel. Genau das suggeriert uns aber: Da passiert was, und schon ist Klima kein Thema mehr, meint der Soziologe Felix Ekardt.
Klimaschutz braucht internationale Vereinbarungen, denn der Klimawandel ist ein globales Problem. Das Problem sei nur, so Felix Ekardt von der Forschungsstelle Nachhaltigkeit:
"Nach wie vor wird international viel über das Klima geredet, verbindlich festgelegt wird sehr wenig."
Dabei sei beim letzten Pariser Klimaabkommen ein "superambitioniertes und rechtsverbindliches Ziel" festgelegt worden, so Ekardt weiter:
"In Artikel 2 steht drin: Die globale Erwärmung für alle Staaten soll auf deutlich unter zwei, besser noch 1,5 Grad begrenzt werden. Das impliziert mit Daten des Weltklimarats, dass man eigentlich weltweit aus allen Sektoren komplett raus müsste aus den fossilen Brennstoffen in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren, man müsste bei null Emissionen ankommen. Was macht die Bundesregierung? Die will weiter Braunkohle verfeuern."

Fußball wichtiger als Klimawandel

Einerseits sei es zwar gut, im Dialog zu bleiben, doch andererseits:
"Gleichzeitig wird durch das ständige Reden bei uns allen die Suggestion erzeugt: Da passiert was. Psychologen nennen sowas Sedierungseffekt. Wir werden alle so ganz ruhig gemacht, dadurch dass das Ganze so seinen Gang geht. Das heißt aber auch: In der Prioritätenlisten bleibt das Klima bei uns allen, sofern es um Handeln geht, wahnsinnig weit hinten. Ganz weit vorne ist dann Fußball WM, CDU/CSU-Streit, Migration und Ähnliches, dabei ist der Klimawandel möglicherweise viel existenzieller."

Deutschland hat die höchsten Emissionen weltweit

Nach all den Klimagipfeln seien die konkreten Ergebnisse eher ernüchternd, mehr noch: sie gehen in die umgekehrte Richtung, betont Ekardt:
"In Deutschland, wo wir uns alle für Klimavorreiter halten, haben wir pro Kopf nach wie vor die höchsten Emissionen weltweit.
Wir haben emissionsintensive Produktionen, z.B. den Stahl, zunehmend in die Schwellenländer verlagert. Das sieht dann statistisch so aus, als wären wir besser geworden, in Wirklichkeit sind wir aber wohlhabender geworden und dementsprechend sind auch unsere Emissionen gestiegen. Und wir plustern uns gleichzeitig vor der Welt mit den Petersburger Klimadialogen als Vorreiter auf."
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