"Das Buch gehört dem Leser"
Am Schreibtisch während der Arbeit sei sie eng mit ihren Figuren zusammen, sagt die niederländische Schriftstellerin Margriet de Moor. Danach gehe das Buch "in die Welt". Sie selbst habe schon als Kind viel gelesen und sich nie für den Autor interessiert.
Die niederländische Schriftstellerin Margriet de Moor hat in Berlin ihre Novelle "Schlaflose Nacht" vorgestellt – ein Frühwerk, das 2016 erstmals auf Deutsch erschienen ist.
Ungewohnter Weise musste sie dafür ein eigenes, älteres Werk lesen, was ihr für gewöhnlich nicht in den Sinn gekommen wäre, erzählte sie im Deutschlandfunk Kultur:
"Man liest seine eigenen Bücher nicht mehr, natürlich nicht. Man ist zusammen mit dem Buch während der Arbeit. Und dann geht das Buch in die Welt. (…) Ich mag das überhaupt nicht. Wenn das Buch fertig ist, dann ist es nicht mehr von mir."
Sie selbst habe schon mit elf, zwölf Jahren intensiv "Weltliteratur " gelesen. Daher wisse sie sehr gut, wie eng die Bindung zwischen dem Leser und den literarischen Figuren sein könne:
"Ich weiß das sehr gut, weil ich immer eher eine Leserin war, eine süchtige Leserin. Und der Schriftsteller hat mich immer null interessiert. Es waren die Figuren, die mich beherrschten, die mich dämonisierten. (…) Und dann jetzt auch als Schriftstellerin habe ich das: Ich bin völlig im Bann meiner Figuren während der Arbeit. Und dann gehören sie dem Leser, und er kann damit auch machen, was er will."
Erzählungen haben "Tempo" und "Tonart"
De Moor, die zunächst Klavier und Gesang studierte, betone zudem, wie sehr Musik und Literatur, die "singende Stimme" und die "erzählende Stimme", bei ihr miteinander verbunden seien. Auch erzählte Texte hätten "Tempo" und "Tonart".
Die Novelle "Schlaflose Nacht" sei in einem schönen "Andante" geschrieben. Eine Frau, deren Mann sich nach nur zwölf Monaten Ehe völlig überraschend umgebracht hat, kann nachts nicht schlafen, backt Kuchen und wandert während der Garzeit in der Küche herum:
"Das Wandeln über den Flur, meistens mit bloßen Füßen, dabei fühlt sie sich gut und dabei hat sie auch ein bisschen das Gefühl, mit den Geheimnissen zu verschmelzen."
(huc)