"Mrs. America"
Neunteilige Serie von Dahvi Waller
USA (2020)
FOX Channel
Antifeministin im Kulturkampf
07:56 Minuten
Mit großem Erfolg lief die Serie "Mrs. America" im Frühjahr in den USA, nun startet sie hierzulande. Zentrale Figur ist Phyllis Schlafly, die als Gegnerin der Gleichstellung von Mann und Frau in den 1970er-Jahren Geschichte schrieb.
Die historische Miniserie "Mrs. America" handelt von den politischen Kämpfen in den USA der 1970er Jahre um das Equal Rights Amendment - ein Verfassungszusatz, der die Gleichberechtigung von Mann und Frau fest verankern sollte.
Die konservative Aktivistin Phyllis Schlafly sah in diesem Vorhaben eine Bedrohung der traditionellen Familie und eine drohende Einführung von Schwangerschaftsabbrüchen und gleichgeschlechtlichen Ehen und zog dagegen in den Kampf - aus dem sie gleichermaßen als Siegerin und Verliererin hervorging.
Gegen Ende der Serie trifft die demokratische Politikerin Bella Abzug (Margo Martindale), eine der wortmächtigsten Kämpferinnen für die Rechte von Frauen in den USA, auf Mitstreiterinnen der konservativen Strippenzieherin Phyllis Schlafly, um die kurzerhand über ihre "Königin" aufzuklären:
"Sie ist eine Lügnerin, eine Panikmacherin, und eine Betrügerin, und als ob das noch nicht genug wäre - sie ist auch noch eine verdammte Feministin, sie dürfte eine der unabhängigsten Frauen in Amerika sein."
Protagonistin voller Widersprüche
Um diesen Widerspruch herum ist die neunteilige Serie gruppiert - dass mit Phyllis Schlafly eine Frau gegen die Ratifizierung des Equal Rights Amendment (ERA) kämpft, einem Verfassungszusatz, der in den 1970er-Jahren kurz vor der Verabschiedung stand.
Eine Frau, die sechs Kinder hat und einen Mann und trotzdem an ihrer politischen Karriere arbeitet, die dank geschickter PR-Aktionen zu einem Pfund für republikanische Präsidentschaftskandidaten wird. Warum Schlafly, die eigentlich Fachfrau für Verteidigungspolitik ist, sich von den konservativen Männern instrumentalisieren lässt und gegen die ERA-Befürworter ins Feld zieht, also gegen ihre eigenen Interessen arbeitet, darauf gibt die Serie keine letztgültige Antwort.
Schauspielerisch Cate Blanchett brilliert in der Hauptrolle, weil Schlafly nicht nur als böse, kalte Macherin gezeigt wird, sondern immer wieder selbst mit den Zumutungen umgehen muss, die sie leugnet. Beispielsweise wenn sie schlecht informierten Männern im Büro von Senator Barry Goldwater etwas über Verteidigungspolitik erzählen soll - und dann aufgefordert wird, Notizen zu machen, weil sie die schönste Handschrift habe. Die angefasst und auch mal bedrängt wird auf Weisen, die als Belästigung erkennbar sind.
Hochklassig besetzt und gespielt
"Mrs. America" von Dahvi Waller ist darüber hinaus hochklassig besetzt und gespielt - Uzo Aduba als Shirley Chisholm, die erste Schwarze Präsidentschaftskandidatin bei den Demokraten 1972, Margo Martindale als Bella Abzug, Elizabeth Banks als republikanische Feministin Jill Ruckelshaus, Rose Byrne in der Rolle der glamourösen Journalistin Gloria Steinem, Tracey Ullman als leicht verbiesterte Autorin Betty Friedan und nicht zuletzt John Slattery als Mr. Fred Schlafly legen ihre Rollen präzise an, ohne je mit der Karikatur der historischen Vorbilder zu kokettieren.
So erinnert die Tragödie, die "Mrs. America" erzählt, weil am Ende alle Frauen scheitern, an ein Land vor unserer Zeit, vor der Polarisierung. Phyllis Schlafly wird hier sichtbar als Agentin dieser Polarisierung. Und so ist es kein Zufall, dass am Ende Paul Manafort und Roger Stone auftauchen als junge Wahlhelfer von Reagan - zwei einflussreiche Berater und spätere verurteilte Kriminelle, die maßgeblich an der Wahlkampagne von Donald Trump beteiligt waren.