Mehr Lehrkräfte für ukrainische Kinder

Es fehlt der länderübergreifende große Plan

07:12 Minuten
Kinder aus der Ukraine sitzen am Morgen in einer Willkommensklasse des Gymnasium Trudering. An einem Pfahl hängt ein Zettel mit einem Willkommensgruà auf Deutsch, Englisch und Ukrainisch.
Bis zu 24.000 zusätzliche Lehrkräfte werden gebraucht, um geflüchteten ukrainischen Kindern Schulunterricht bieten zu können, schätzt die Kultusministerkonferenz. © picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Maike Finnern im Gespräch mit Julius Stucke · 14.04.2022
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Hunderttausende geflüchtete ukrainische Kinder könnten schon bald in deutschen Klassenzimmern sitzen. Deshalb braucht es deutlich mehr zusätzliche Lehrkräfte und Willkommensklassen. Doch bislang fehlt eine gemeinsame Strategie der Bundesländer.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) erwartet bis zu 400.000 geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter. Sie alle wollen in Deutschland zur Schule gehen, viele werden zunächst in sogenannten Willkommensklassen beschult, wo sie erst einmal Deutsch lernen können.
24.000 zusätzliche Lehrkräfte, schätzt die KMK, werden dafür dringend gebraucht. Dazu außerdem sozialpädagogisch ausgebildetes Personal. Die Frage ist nur: Woher sollen diese Lehrerinnen und Lehrer kommen? Denn auch ohne Geflüchtete ist die Situation an vielen Schulen dramatisch, muss Unterricht ausfallen und an allen Ecken und Enden gekürzt werden, weil Pädagoginnen und Pädagogen fehlen.

Rentner reaktivieren, Angebote reduzieren

Maike Finnern, Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht es realistisch: Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache (DaF) müssten nun massiv für die Willkommensklassen herangezogen werden und Lehrkräfte im Ruhestand reaktiviert werden.
Dem Problem des pädagogischen Fachkräftemangels müssten sich derzeit alle Bundesländer stellen. Jedoch: „Im Moment erleben wir, dass jedes Land für sich selbst ein kleines Rezept entwickelt – so formuliere ich das mal – aber der große Wurf, der fehlt. Und das ist etwas, das wir dringend machen müssen: Wir müssen miteinander sprechen und sehen, was geht.“
Für Finnern bedeutet dieses „was geht“ jedoch auch, dass kurzfristig, bestimmte Angebote zunächst einmal wegfallen müssten, um anderenorts Kapazitäten zu schaffen.

Keine Zwei-Klassen-Gesellschaft schaffen

Ein weiterer, wichtiger Aspekt, der für Finnern durchaus Konfliktstoff birgt, ist: Viele Willkommensklassen seien nach wie vor mit anderen Geflüchteten, etwa aus Syrien, besetzt. In Hamburg sei dies in etwa der Hälfte dieser Klassen der Fall. Doch kämen im Augenblick sehr schnell viel mehr Kinder, die Schulunterricht brauchen, nach als etwa 2015. „Das ist eine riesige Herausforderung“, betont Finnern. „Und wir müssen gucken, dass daraus nicht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von der einen Sorte Migrant:innen und der anderen Sorte Migrant:innen in den Schulen wird.“

Konflikte in Willkommensklassen vermeiden

Denn das führe dazu, dass neue Gräben geschaffen und neue Konflikte in die Schulen geholt würden. Schulen sollten jedoch sichere Wohlfühlorte sein. Deshalb müsse zusätzliches Konfliktpotenzial unbedingt vermieden werden.
(mkn)

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