Volksverräter, links-versifft und Co.
Wer von Flüchtlingswelle oder -Lawine spreche, mache aus Flüchtlingen eine Naturkatastrophe, kritisiert Nancy Grochol. Im "Wörterbuch des besorgten Bürgers" wird der Sprachgebrauch von Pegida, Legida, aber auch von konservativen Politikern analysiert.
Das Unwort des Jahres 2016 "Volksverräter" darf im neuen "Wörterbuch des besorgten Bürgers" natürlich nicht fehlen. 150 Begriffe von A wie Abendland bis Z wie Zionisten, dazwischen Genderwahn, links-versifft oder Toleranzfaschismus. Zu den Autoren gehört Nancy Grochol, eine der Betreiberinnen des "Sprachlos-blog".
"Da sammeln wir schon seit einer Weile Begriffe, die uns so im Alltag aufstoßen, die in den Medien, in Politik gängig sind, also beschönigende Wörter oder Phrasen", sagte Grochol im Deutschlandradio Kultur. Was den Wortschatz des sogenannten "besorgten Bürgers" angeht, beobachtet Grochol zwei Muster. Zum einen würden alte NS-Begriffe wie "Volksverräter" wiederbelebt.
Durch Begriffe entindividualisieren
Zum anderen würden bei Begriffen Bedeutungsverschiebungen vorgenommen. Etwa wenn "Demokratie" sich nicht auf alle beziehe: "Eigentlich wird damit gemeint, dass es die weiße Mehrheit in Deutschland… ist, die herrschen soll."
Dabei gehe es um mehr als nur um Wörter. "Weil mit den Wörtern, die ich verwende, immer eine bestimmte Konnotation mitgetragen wird", so Grochol. Das betreffe nicht nur Pegida-Anhänger, sondern Politiker etablierter Parteien, wenn diese von Flüchtlingslawine sprächen oder von einer Flüchtlingswelle.
"Wenn ich so einen Begriff verwende, dann bezeichne ich eben nicht mehr einzelne Menschen. Ich beschreibe eben nicht mehr eine Gruppe von Menschen, von Geflüchteten, von Individuen mit individuellen Problemen, die eben alle einzeln hier ankommen, sondern ich mache so eine Naturkatastrophe auf."