Kommentar

Warum es bei der EM 2024 zu viele TV-Experten gibt

03:26 Minuten
Lothar Matthäus (links) analysiert für RTL mit Moderator Florian König das deutsche Länderspiel gegen Griechenland.
Lothar Matthäus (links) analysiert für RTL Spiele der Fußball-Europameisterschaft. © dpa/ picture alliance / Matthias Koch
Von Heinz Schindler · 30.06.2024
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Bei der UEFA EURO 2024 setzen deutsche Fernsehsender viele Experten ein - oft sind es ehemalige Spieler. Unser Autor denkt dabei stets an das sehr bekannte Zitat von Karl Valentin: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.“
Man soll ja den Tag nicht vor dem Abend loben und einen Bildregisseur nicht vor dem Abspann. Ich riskiere es aber mal dennoch, bevor ich dazu keine Gelegenheit mehr erhalte während der Europameisterschaft. 

Fußball im TV wieder als taktisches Spiel

Denn so sehr ich bei den letzten Turnieren die Bildführung im Fernsehen kritisiert habe, weil man mir alles außer das Spiel zeigte - ebenso sehr muss ich nun loben und mache das gern: viele Einstellungen aus der Totalen, Fußball sehe ich wieder als ein taktisches Spiel statt als Aneinanderreihung belangloser Großaufnahmen. Sehr schön - und ich schaue sogar das eine oder andere Spiel mehr als ich ursprünglich wollte. 

Hoffentlich übernimmt das so auch die Tochterfirma der Deutschen Fußball-Liga DFL, die uns nach der EM dann wieder auf allen Kanälen mit Bundesligabildern versorgt.

Gibt es immer mehr TV-Experten?

Apropos Kanäle, und egal, ob gebührenfinanziert oder privat: Haben die eigentlich immer mehr Expertinnen und Experten am Start - oder kommt es mir nur so vor?

Zwei im Studio plus ein oder zwei Moderatorinnen, mindestens eins plus eins am Spielfeldrand und dann auch noch am Reporterplatz. Dazu kommt noch der Souffleur für den Reporter mit Statistiken und dergleichen.
Wenn Sie ein Spiel am Rechner streamen, können sie manchmal hören, wie der Souffleur dem Reporter was auf die Kopfhörer sagt, dass der dann gleich darauf ins Mikro spricht und der Experte oder die Expertin dann noch mal bestätigt.
Ich denke dann stets an das sehr bekannte Zitat von Karl Valentin. „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen“. Alternativ: „Wo alle das gleiche denken, wird nicht viel gedacht.“
Wobei ich mir als Valentins Erben ohnehin nur den Müller, Thomas vorstellen kann, er läuft sich seit Jahren für diese Rolle schon warm. 

Mir kommt dann aber immer noch ein anderer Gedankengang: Wer in einem der mittelgroßen Häuser der ARD einen Beitrag erstellt - also recherchieren, Interview führen, die Aussagen schneiden, Manuskript schreiben und produzieren. Das kann schon mal einen oder zwei Tage in Anspruch nehmen – der erhält dafür je nach Sender zwischen 130 und 180 Euro brutto. 

Sender könnten mit Beiträgen bereichert werden

Wenn man nun die von Focus online kolportierten Honorare der Expertinnen und Experten pro Einsatz zugrunde legt, dann muss dieser Mitarbeiter für das gleiche Geld zwischen 55 und 138 Beiträge erstellen. Aus anderer Perspektive: Die jeweiligen Programme könnten um diese Anzahl von Beiträgen bereichert werden. 

Und denken Sie wirklich, dass irgendjemand die prominenten Phrasendrescherinnen und -drescher als Kollegen wahrnimmt, nur weil man sie „Co-Kommentatoren“ nennt? 

Diejenigen Kolleginnen und Kollegen, oftmals aus dem Printbereich, die gerne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beerdigen wollen, haben für diese Thematik aber nur selten eine verbale Schippe Sand übrig.
Schade - aber ich verstehe es auch. Denn wie viele von ihnen hocken vor den Rechnern und warten darauf, zitieren zu können, was einer schon gesagt hat und zwei andere danach bestätigt haben. Weniger wäre da manchmal mehr, und nicht nur dort.  

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