Dystopischer Comic "Yellowstone"

Zeichnungen auf Weltniveau, Texte aus der Klischeekiste

07:22 Minuten
Stefan Mesch im Gespräch mit Max Oppel |
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Können deutsche Comics mit den Stars der US-Szene mithalten? "Yellowstone" von Philipp Spreckels und Dave Scheffel sei zeichnerisch brillant, sagt unser Kritiker Stefan Mesch, der Plot dagegen schwach und unglaubwürdig.
Vier Jahre Arbeit haben der Autor Philipp Spreckels und der Zeichner David "Dave" Scheffel in ihren Comic gesteckt. "Yellowstone" ist eine dystopische Graphic Novel, die den Leser ins Jahr 2042 führt: Der Titel gebende Vulkan ist zehn Jahre zuvor ausgebrochen und hat den US-Bundesstaat Wyoming verwüstet. Die polizeistaatähnliche US-Regierung hat ihn zur Sperrzone erklärt, an der Ost- und Westküste der USA drängen sich die aus dem Gebiet Geflüchteten.
Sie dürfen nicht zurück, denn die Regierung hat ihr Land inzwischen an große Konzerne verschachert. Protagonist Noah Simmons versucht herauszufinden, was hinter all dem wirklich steckt.

Bestens bekannte Versatzstücke

Bei dem Comic-Kritiker Stefan Mesch hinterlässt das Werk gemischte Gefühle. Sein Urteil: Dickes Lob für den Zeichner, Verriss für die Geschichte und wie sie erzählt wird. Mesch zeigt sich regelrecht verärgert über den Plot: "Die Geschichte ist spannend, ja. Aber ansonsten ist da nichts, wo ich gesagt hätte: Das ist ein mutiger, hochpolitischer Comic."

Stattdessen arbeite der Autor mit bestens bekannten Versatzstücken aus Filmdystopien: Umweltzerstörung, ein Polizeistaat, der Kritiker verfolgt und mundtot machen will und auch sonst vor nichts zurückschreckt, klischeehafte Dialoge. "Labels wie Öko-Thriller und Dystopie sind etwas hochgegriffen – weil hier nichts Kluges, Neues oder Aktuelles erzählt wird über Staatskrisen, Konzerne und totalitäre Systeme", lautet Meschs Fazit.
Ein Auszug aus dem Comic "Yellowstone" von Philipp Spreckels und David Scheffel-Runte.
Das ist ein mutiger, hochpolitischer Comic, meint Mesch.© David Scheffel-Runte / Philipp Spreckels

Elegante Zeichnungen

Durchweg begeistert ist er dagegen von Dave Scheffels Zeichnungen, die er großartig findet: Sie hätten "Eleganz und Brillanz", seien eindeutig auf Weltniveau und exzellenten US-Comics wie "Hawkeye" absolut ebenbürtig. Scheffel habe liebevolle Settings mit tollen Farbeffekten entworfen. "Ich habe mich gerne darin aufgehalten".
(mkn)

Philipp Spreckels (Text), David Scheffel-Runte (Zeichnungen): "Yellowstone"
Zwerchfell Verlag, 2020
144 Seiten, 18 Euro

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