Neu im Heimkino: "Shooting the Mafia" von Kim Longinotto

Eine Liebesaffäre zwischen Frau und Kamera

06:23 Minuten
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Die sizilianische Fotografin Letizia Battaglia begann ihren lebenslangen Kampf gegen die Mafia, als sie das erste Mal eine Kamera auf ein brutal ermordetes Opfer richtete. Mit ihren Arbeiten dokumentiert sie den Schrecken, den die Mafia verbreitet. © BR/Lunar Pictures/SWR/Letizia Battaglia
von Jörg Taszman |
Audio herunterladen
"Shooting the Mafia" war im Jahr 2020 in französischen Kinos zu sehen und lief zuvor auf der Berlinale. Der Dokumentarfilm erzählt von Leben und Werk der ersten Fotojournalistin Italiens und von ihrem Kampf gegen die Mafia. Das Portrait einer mutigen Frau.

Um was geht es?

Letizia Battaglia ist eine Spätberufene. Mit 16 schon verheiratet, wird sie früh Mutter zweier Töchter. Mit 32 verliebt sie sich in einen 19-jährigen Mann. Letizia will arbeiten, sie wird Journalistin in Palermo und arbeitet für eine kommunistische Tageszeitung. Erst im Alter von 40 Jahren nimmt sie das erste Mal eine Kamera in die Hand.


Es ist Liebe auf den ersten Blick. Battaglia wird die erste Fotojournalistin Italiens; sie wird jahrzehntelang die Morde der Mafia in ihrer Heimatstadt dokumentieren. Mit grobkörnigen, kontrastreichen Schwarzweißaufnahmen zieht sie in den Kampf. Anfeindungen und Morddrohungen zum Trotz setzt sie ihren Feldzug gegen die Mafia fort – zunächst durch ihre Fotos, später auch als Politikerin. Auch im Privaten ist sie unerschrocken: Sie umgibt sich mit sehr viel jüngeren Liebhabern, entzieht sich gesellschaftlichen Zwängen.

Was ist das Besondere?

"Shooting the Mafia" ist das Portrait einer beeindruckend charismatischen Einzelkämpferin, die auch im Alter von 83 Jahren vital und meinungsstark ihr Leben lebt. Der Film zeigt mitunter schockierende Fotos von ermordeten Männern, Frauen, ja sogar Kindern. Regisseurin Kim Longinotto assoziiert diese gekonnt mit Spielfilmszenen aus Schwarzweiß-Klassikern des italienischen Kinos. Hinzu kommen Archivaufnahmen, Nachrichtenbilder und Interviews mit Letezia Battaglia und zwei ehemaligen Lebensgefährten.

Fazit

Ein überaus gelungener Dokumentarfilm, der auf mehreren Ebenen überzeugt. "Shooting the Mafia" ist Künstlerbiographie, Frauenporträt und Emanzipationsgeschichte, und gleichzeitig eine Chronik Italiens und Siziliens. Der Film erzählt vom Kampf gegen die Mafia, ihre Morde und ihren Einfluss. So kannte Letezia Battaglia in ihrer Funktion als Abgeordnete auch den Untersuchungsrichter Giovanni Falcone. Ihm gelang es, hunderte von Mafiosi hinter Gitter zu bringen – im Jahr 1992 wurde er ermordet. "Shooting the Mafia" ist das vielschichtige Porträt einer Frau und Kämpferin. Und eine Auseinandersetzung mit der allmächtigen Mafia, die durch die Zivilgesellschaft und wenige mutige Ankläger mehr in Frage gestellt wird als durch die offizielle Politik.
(bat)

"Shooting the Mafia" von Kim Longinotto ist bis zum 14.4.2021 in der 3Sat-Mediathek zu sehen

Mehr zum Thema