Frauenfußball ohne Profi-Ambitionen
05:44 Minuten
Für den 1. FC Union Berlin geht es aufwärts in die erste Bundesliga. Jedenfalls für die Männer. Die Frauen sind noch Amateure. Geld gibt es nicht. Und das wird auch so bleiben. Man versteht sich als Ausbildungsklub. Der Fokus bleibt bei den Herren.
Für Simone Gallaus, die in der Nähe des Stadions an der Alten Försterei eine Fankneipe betreibt, ist die Sache klar. Neuer Hauptsponsor, höhere TV-Einnahmen, steigender Trikotverkauf – da müsste für die Frauen von Union genug Geld da sein: "Es sollte definitiv bei den Damen einiges ankommen, so dass sie vielleicht auch mal ein bisschen weniger arbeiten müssen, sich dafür mehr auf den Profifußball konzentrieren können, wo sie momentan noch meilenweit von entfernt sind."
Christian Arbeit, Pressechef von Union und Mitglied der Geschäftsführung, sieht das völlig anders: "Es gibt keine Bestrebungen, aus unserer ersten Frauenmannschaft eine Profimannschaft zu machen, sondern: Da spielen Unionerinnen, die sehr gern für Union spielen, die das auch vereinbaren mit Studium, mit Ausbildung, mit Beruf, die hier alle nicht mehr spielen könnten, wenn es plötzlich eine Profimannschaft sein sollte, insofern ist nicht geplant, diese Ausrichtung kurzfristig zu verändern."
Davon leben ist unrealistisch
Und was sagen die Eisernen Ladys selbst? Zunächst einmal sind sie stolz, für Union zu spielen. Wer für Fußball brennt, ist hier richtig, sagen sie. Aber sie investieren auch viel: Drei bis vier Mal die Woche Training, regelmäßige Punktspiele, darunter auch manch langwierige Auswärtsfahrt. Es wäre schön, wenn vom Verein mehr zurückkäme, findet die 18-jährige Abwehrspielerin Marta Schrey.
"Ich würde mich schon irgendwann über eine Wertschätzung in Form von Geld freuen, aber ich denke mal, davon zu leben, ist relativ unrealistisch. Klar liegt mein Hauptaugenmerk immer noch auf dem Fußball, aber irgendwann wird es dann auch so sein, dass ich mich eher auf meinen Beruf konzentrieren muss."
Mittelfeldspielerin Greta Budde steckt bereits voll im Berufsleben. Sie kennt ein paar Alternativen, wie Union auch helfen könnte. Wenn es schon kein 250-Euro-Amateurvertrag sein kann, wie er spätestens ab Liga 2 im Frauenfußball Usus ist. "Es gibt auch viele andere Möglichkeiten, die Spielerinnen zu unterstützen, sei es mit Schuhen oder einer Monatsfahrkarte, oder eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder ähnliches. Ich denke, es ist allgemein ein Problem im Frauenfußball."
Unions Fußballfrauen wissen sehr genau, dass die Fördermöglichkeiten in ihrem Sport insgesamt begrenzt sind. Torfrau Monique Eichhorn, 28 Jahre alt und aktuell Berlins Fußballerin des Jahres, hat ihre Profisportambitionen deshalb längst ad acta gelegt. "Letzten Endes ist der Frauenfußball noch an dem Punkt, dass er Geld kostet und kein Geld einbringt. Das wird generell, auf Deutschland bezogen, entweder nie kommen oder halt noch ein bisschen länger dauern, bis da mal ähnliche Strukturen wie beim Männerfußball herrschen."
Union muss was bieten, will aber nicht
Seit Jahren spielt die Erste Frauenmannschaft von Union Berlin in der Regionalliga Nordost. Zuletzt gewann sie das Double aus Berliner Landespokal und Meisterschaft, scheiterte dann aber in den Aufstiegsspielen zur Zweiten Liga. Wieder einmal. Die neue Saison könnte schwierig werden, sagt Marta Schrey. Konkurrent RB Leipzig hat Ex-Nationalspielerin Anja Mittag verpflichtet.
"Andere Vereine holen sich die Spielerinnen, geben auch Geld, was natürlich ein Anreiz ist, was Union nicht macht. Wenn sich da nichts entwickelt, werden wir uns wahrscheinlich auch nicht weiterentwickeln. Also: Union muss schon was bieten, damit auch Spielerinnen zu uns kommen und wir uns als Team auch weiter entwickeln können."
Will Union aber gar nicht. Die Eisernen verstehen sich als Ausbildungsklub. Sämtliche Mädchenmannschaften räumen regelmäßig Meisterschaften und Pokale ab, auch in der U-17-Bundesliga ist Union vertreten. Im Nachwuchsleistungszentrum in Berlin-Köpenick reifen viele Talente heran, die besten verlassen den Verein. Frauentrainer Falko Grothe sieht es mit gemischten Gefühlen:
"Zum einen ist es schon so, dass es wirklich sehr schade ist, wenn sehr gute Spielerinnen gehen. Aber ich freue mich dennoch, dass sie den Sprung schaffen, weil: Dafür macht man es am Ende auch, nicht nur dass man als Team Erfolg hat, sondern dass auch die Spielerinnen weiterkommen, dass sie sich entwickeln. Noch mehr freue ich mich natürlich, wenn sie sagen: 'Wir wollen den Sprung hier zusammen machen.'"
Ohne die Perspektive, irgendwann einmal ganz nach oben aufzusteigen und dafür entsprechend honoriert zu werden, bleibt das jedoch Zukunftsmusik. Pressechef Christian Arbeit findet deutliche Worte: "Unser klares Ziel ist, mit der Männermannschaft in der Bundesliga zu bleiben. Das wird die gesamte Kraft des Vereins erfordern."