Gut für den Lebenslauf - gut für die Welt?
Auf Staatskosten Helfer spielen und ins weite Ausland reisen: Solche Kritik am Freiwilligendienst "weltwärts" ist nicht neu. In zehn Jahren hat das Entwicklungsministerium fast 40.000 junge Deutsche entsandt. Zwei Ehemalige schildern ihre Eindrücke.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat den Freiwilligendienst "weltwärts" zu dessen zehnjährigem Bestehen gewürdigt. In den letzten zehn Jahren seien mit "weltwärts" fast 40.000 junge Menschen in über 80 Entwicklungsländer gegangen und hätten sich - Zitat - "bewusst gegen Gleichgültigkeit und für Engagement" entschieden. Das erklärte Müller gestern in Berlin.
Die Erfahrungen, die die jungen Menschen in den Partnerländern sammelten, prägten sie oft ein Leben lang, meinte der Entwicklungsminister. Wer während seines Auslandsaufenthalts miterlebe, wie Kinder von Sonnenaufgang bis -untergang auf dem Feld stehen, um etwa unseren Kaffee herzustellen, "der wird beim nächsten Einkauf eher zum fairen Produkt greifen".
Verklärende Sichtweise auf den Dienst
In einem Streitgespräch auf Deutschlandfunk Kultur wollten sich die beiden ehemaligen "weltwärts"-Freiwilligen, Leander Badura und Theresa Loch, dieser - wie sie meinten - verklärenden Sichtweise auf den Dienst nicht anschließen.
Badura, der 2013 mit "weltwärts" in Paraguya war, nannte den Dienst bereits in einem Artikel für den "Freitag" "ein Subventionsprogramm für Sinn suchende Mittelschichtskinder". In unserem Programm kritisierte Badura, dass Anspruch und Realität beim Entwicklungsdienst "weltwärts" auseinanderfielen. So handele es sich bei dem Freiwilligenprogramm keineswegs um einen "Einsatz für eine gerechtete Welt", sondern um eine Investition in die Qualifizierung junger deutscher Menschen.
"Ich habe nicht den Eindruck, mich für eine gerechtere Welt dabei eingesetzt zu haben", sagte Badura, "ich habe eher den Eindruck etwas getan zu haben, was sich in meinem Lebenslauf extrem gut macht".
Welche Motivation ist legitim?
Gerade diese "Lernerfahrung" bewertete Theresa Loch, die mit "weltwärts" bei einer Umwelt-NGO in Südafrika war, jedoch positiv. "Junge Menschen werden bewegt durch das Programm", sagte Loch und ergänzte etwas provokativ:
"Ich meinte, es war eine gute Idee, 16 Tonnen CO2 auszustoßen, um zu einer Umweltorganisation nach Südafrika zu fliegen", wenngleich sie natürlich auch ein Frewilliges Soziales Jahr auf Sylt habe machen können.
Zum Bestandteil des Entwicklungsdienstes "weltwärts" gehöre, dass genau diese Problematik reflektiert werde, ebenso seien Seminare in den Themenfelden Antirassismus und Antisexismus verpflichtend, sagte Loch und betonte, dass kultureller Austausch in jedem Fall ein Wert sei. "Die Frage ist auch: Was ist eine legitime Motivation für eine Freiwilligendienst?", meinte die Studentin.
"Ist die Alternative, dass junge Menschen nicht ins Ausland fahren? Ist die Alternative, dass sie keinen anderen Kulturen begegnen? Ist die Alternative, dass sie zu Hause bleiben und dann halt einen sehr engen Blickraum haben?"
(huc)