10. Todestag von Gil Scott-Heron

Der Proto-Rapper

06:26 Minuten
Gil Scott-Heron bei einem Konzert in Berloin
Gil Scott-Heron hat Hip-Hop beeinflusst wie kaum ein anderer. © imago images / BRIGANI-ART
Von Goetz Steeger |
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Lange bevor von Rap und Hip-Hop die Rede war, gab es schon gesprochenes Wort auf Beats. Einer der Pioniere war Gil Scott-Heron, der die Szene lange prägte. Vor zehn Jahren starb er an seiner Aidserkrankung.
Gesellschaftliche Kommentare, vorgetragen als Reim zu Percussion-Grooves, das hat eine lange Tradition, von den westafrikanischen Griots bis zu heutigem Hip-Hop und Rap. Um 1970 war von beidem noch lange nicht die Rede, dennoch gab es bereits Rapper wie die Last Poets und den Sänger und Dichter Gil Scott-Heron, der vor zehn Jahren starb.

Jazz, Soul und politische Poesie

An seiner Melange aus Jazz, Soul und politischer Poesie haben sich später viele Hip-Hopper orientiert. Gerade in Zeiten von "Black Lives Matter" sind die Themen seiner Songs für viele Jüngere ein wichtiger historischer Bezugspunkt.
"The Revolution Will Not Be Televised", erschienen auf Scott-Herons Debütalbum, zeugt von einem historischen Moment, in dem Revolution in der Luft lag als realistische, ja unabdingbare Option. Aufgebracht durch die Morde an Malcolm X, Robert Kennedy und Martin Luther King und ermutigt durch die Massenproteste überall, war auch Gil Scott-Heron als junger Mann Ende der 1960er-Jahre überzeugt, dass das alles nur eine Frage der Zeit sein würde.

Großeltern hatten die Sklaverei noch erlebt

Dass Schwarze das unterste Ende der Gesellschaft waren, habe er in sehr jungen Jahren gelernt, wie er bei einem Interview im Radiosender NPR sagte. Geboren 1949 gehörte Scott-Heron der Generation an, deren Eltern noch unter den sogenannten Jim-Crow-Gesetzen, also strengster Segregation zu leiden gehabt hatten. Seine Großeltern hatten die Sklaverei noch erlebt.
Rassismus und die soziale Frage, das waren die Themen von Gil Scott-Herons Gedichten, die er, auch wenn man das da noch nicht so nannte, zunächst zu sparsamen Congabeats rappte.
Aufgewachsen in Jackson, Tennessee, war Scott-Heron nach der Schule nach New York gezogen, um Literatur zu studieren. Dort traf er auf seinen langjährigen Mitstreiter, den Pianisten Brian Jackson.
Ein gemeinsames Album war anberaumt – und zwar mit einer kompletten Band, beim Jazzlabel Flying Dutchman Records, dessen Chef Bob Thiele die beiden fragte, wen sie sich als Musiker so wünschten.

Die großen Stars spielten auf seinen Alben

Scherzhaft nannten die beiden Jazzfans Namen aus ihrer Traumwelt: Ron Carter, Bass, Hubert Laws, Flöte – die Cracks der New Yorker Szene, völlig unerreichbar und abwegig. Eine Woche später kam der Anruf: Ich habe alle zusammen, es kann losgehen.
"Pieces Of A Man" erschien 1971 und ist in seinem empathisch, warmherzigen Tonfall und seiner jazzig, souligen Eleganz unerreicht.
Bis in die frühen 80er-Jahre veröffentlichte Gil Scott-Heron regelmäßig Alben, auf denen die virulenten Themen der jeweiligen Zeit abgebildet sind: Apartheid, Anti-Atomkraft, Ronald Reagan und der Neoliberalismus.
In den Neunzigern appellierte er an die Gangstarapper, in ihren Texten doch die Grenzen des Respekts einzuhalten – vor allem Frauen gegenüber: "Four Letter Words machen aus dir keinen Poeten, sondern nur einen Beschränkten."
2010 erschien noch das Album "I'm New Here", das klang wie ein letzter Seufzer. Kurz darauf, am 27. Mai 2011, starb Gil Scott-Heron an den Folgen seiner Aids-Erkrankung.
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