100. Geburtstag

Ingrid Bergmann – Neuer Typ Frau in Hollywood

Humphrey Bogart als Richard 'Rick' Blaine und Ingrid Bergman als Ilsa Lund Laszlo blicken sich in dem Filmklassiker "Casablanca" tief in die Augen.
Humphrey Bogart als Richard 'Rick' Blaine und Ingrid Bergman als Ilsa Lund Laszlo blicken sich in dem Filmklassiker "Casablanca" tief in die Augen. © picture alliance / dpa
Von Wolfgang Hamdorf |
Der Film "Casablanca" an der Seite von Humphrey Bogart machte sie 1943 berühmt: die Schauspielerin Ingrid Bergmann. Vor 100 Jahren wurde sie in Schweden geboren. Im Hollywood-Kino verkörperte sie einen neuen Frauentyp: ohne Make-up und High Heels. Doch ihr Privatleben wurde in Amerika zum Skandal.
Sie lächelt ihn an, er kann nicht widerstehen und spielt ihr Lied. Ingrid Bergmans Lächeln ist warmherzig, strahlend, mit einem leichten Hauch Melancholie. 1943 wurde sie weltberühmt als Ilsa Lund in "Casablanca" von Michael Curtiz. Als Frau zwischen Humphrey Bogart und Paul Henreid verkörperte sie eine erotische, fast mädchenhafte Unnahbarkeit in einer Zeit, als die Welt in Trümmer fiel.
Nach ihren ersten Filmerfolgen in Schweden und Deutschland, war sie 1939 nach Hollywood gekommen. Aber Ingrid Bergman verweigerte sich der Vereinheitlichung der Traumfabrik, wollte weder ihre Gesichtszüge noch ihren Namen ändern. In ihrer 1980 erschienenen Autobiografie "My Story" beschreibt sie, wie der große Produzent Daniel O. Selznick von ihr vergeblich forderte, sich ein neues Image und einen Künstlernamen zuzulegen:
Ausschnitt aus "My Story": "Eine Weile saßen wir uns still gegenüber - wie zwei Raubkatzen, die einander beäugten und auf das Zeichen zum Angriff warten. Dann sagte er plötzlich: "Ich habe eine Idee, die so einfach ist, dass noch niemand in Hollywood darauf gekommen ist. Wir werden nichts an Ihnen ändern. Nichts wegnehmen und hinzufügen. Sie bleiben, wie Sie sind. Sie werden auch Ihren Namen behalten. Sie werden Hollywoods erste 'natürliche Schauspielerin' sein."
Das leichte Mädchen und die Nonne
Ingrid Bergman blieb wie sie war, und das Geheimnis ihres Erfolges lag gerade in ihrer natürlichen, geradezu gesunden Ausstrahlung. Im Gegensatz zu anderen Hollywood Stars ließ sie sich auch nicht auf einen Charakter festlegen:
Ingrid Bergman im "Rias": "Ich möchte immer etwas Verschiedenes machen, weil ich finde doch, das ist, was ein Schauspieler und eine Schauspielerin machen muss. Man kann nicht immer gleich sein. Und ich hab' wirklich versucht (...) zwischen meinen Grenzen, habe ich versucht, alle verschiedenen Frauen zu spielen."
Sie verkörperte das leichte Mädchen und die Nonne, die Frau eines Widerstandskämpfers und die Tochter eines Nazikollaborateurs, Maria, das Opfer spanischer Faschisten, in der Hemingway Verfilmung "Wem die Stunde schlägt" und schließlich ihre Traumrolle, die heldenhafte Jean d'Arc. 1945 erhielt Ingrid Bergman für ihre Darstellung der Lady Alquist in George Cukors "Das Haus der Lady Alquist" ihren ersten Oskar. Sie spielte eine Frau, die von ihrem Ehemann langsam in den Wahnsinn getrieben wird.
Hetzkampagne und Forderung nach Verbot ihrer Filme
In ihren Rollen und auch als Person stand Ingrid Bergmann für Aufrichtigkeit, abgehoben vom skandalumwitterten Sündenpfuhl Hollywoods. Das Ende ihrer ersten Hollywood Karriere kam, als das Image der Schauspielerin und ihr Privatleben nicht mehr zusammenpassten: Als sie 1949 die Hauptrolle in Roberto Rossellinis neorealistischem Meisterwerk "Stromboli" übernahm und dann noch ihre Tochter und ihren Ehemann verließ, um bei dem italienischen Regisseur zu bleiben, erschütterte der Skandal das gesamte puritanische Amerika.
Die Hetzkampagne der Sensationspresse machte ihr die Arbeit in Amerika unmöglich, konservative Senatoren forderten gar ein Verbot ihrer Filme. 1950 ging sie ganz nach Italien, heiratete Rossellini und bekam in der achtjährigen Ehe drei Kinder. Bis 1955 spielte sie in sieben Filmen Rossellinis mit, in unterschiedlichen Rollen, aber immer mit jener Authentizität, die sie so berühmt machte.
Ingrid Bergman: "Ich hoffe, dass ich eine gute Schauspielerin bin und dann hoffe ich auch, dass man fühlt, dass ich ehrlich bin. Ich glaube, ich habe nicht zuviel 'acting'. Natürlich spiele ich die Rolle, die nicht immer ich bin, aber ich glaube, die Leute fühlen, dass ich ein natürlicher Mensch bin. Ich bin sehr froh, dass ich einen so großen Erfolg in Amerika und überall habe - das ist sehr schön."
Ingrid Bergman war eine Ikone des amerikanischen Star-Systems, aber auch eine Charakterdarstellerin des europäischen Autorenkinos - zunächst im Neorealismus, dann mit Jean Renoir in "Elena und die Männer" und schließlich 1978 in ihrer letzten Kinorolle: In "Herbstsonate" des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman spielte sie eine alternde berühmte Konzertpianistin, in einem Mutter–Tochter-Drama voller Demütigung und Selbstzerfleischung. Die alternde Frau: das war eine neue Facette im breiten Spektrum der Ingrid Bergman.