Die Königin des Jazzgesangs
Eigentlich wollte Ella Fitzgerald Tänzerin werden, doch dann holte sie Chick Webb in sein Swing-Orchester und somit begann der Aufstieg der Queen of Jazz. Ihre Art zu Scatten ist unerreicht, fast unentwegt steht sie auf der Bühne. Vor 100 Jahren wurde sie geboren.
Sie hat sich das Singen selbst beigebracht. Der Bandleader Chick Webb holt die Newcomerin für sein Swing-Orchester. Ihr erster Radiohit wird der Abzählreim "A-Tisket, A-Tasket".
Ella Fitzgerald entpuppt sich als Naturtalent.
"Sie kann aus dem Stand etwas erfinden, ohne abzugleiten und dass es so klingt, als wäre es komponiert."
Fand der Saxofonist Benny Carter. Und ihr Bassist Niels-Henning Ørsted Pedersen sagte:
"Es gibt Leute, die finden Ella 'zu süß' für Jazz. Sie sehen Billie Holiday als eine 'seriöse Jazz-Sängerin'. Ich habe das nie so empfunden. Ella steht für Freude."
Sieben Jahrzehnte umspannte die Karriere von Ella Fitzgerald. Als sie schon alt war, sehr unter Diabetes litt und Millionen auf der Bank hatte, trat sie trotzdem immer noch auf; sie brauchte den Kontakt zum Publikum; Erfolg war ihr weniger wichtig, etwas anderes weckte die innere "Swing-Kraft".
Schüchtern und ehrgeizig war Ella Fitzgerald als Kind
Am 25. April 1917 in Virginia geboren, als einziges Kind eines unverheirateten Paares, der Vater verschwindet, die Mutter findet einen neuen Freund, einen portugiesischen Arbeiter. Und vor allem sie ist es, die hart darum kämpft, ihre Familie durchzubringen. Schüchtern wirkt Ella, aber auch ehrgeizig, sie wollte berühmt werden, sagt sie – als Tänzerin und als Sängerin.
"Es zählt nicht, wo du herkommst. Es geht darum, wohin du gehst."
Ella findet ihr Metier übers Imitieren von Schallplatten. Mit Louis Armstrong swingt sie auf derselben Wellenlänge. Nichts ist der schon als Kind Hochbegabten unangenehmer als die Fragen über ihre Kindheit. Mit 15 Jahren hat sie die Mutter bei einem Autounfall verloren. Sexueller Missbrauch durch den Stiefvater. Die Zeit in einem Waisenhaus in der Bronx. Die Flucht aus einem Erziehungsheim, gefolgt von Jahren auf der Straße. Diese Frau will nur fröhliche Lieder singen.
"Ella war ungeheuer musikalisch. Sie machte es einem leicht, sie zu begleiten. Ein Traum. Sie tat nichts, was nicht musikalisch war", meinte ihr Pianist Paul Smith.
Engagement für wohltätige Zwecke
1947 beginnt sie ihr lebenslanges Engagement für wohltätige Zwecke, vor allem für Waisenkinder und benachteiligte, und ihr Beispiel macht Schule im US-Showbusiness. Ella hat die freundliche Stimme eines kleinen Mädchens, liebenswürdig, direkt - eine erfolgreiche Nightclub-Sängerin. Rasch aber werden daraus die von Tausenden besuchten Konzerte.
"Jedes Jahr warte ich auf diese Tour. Es ist manchmal ganz schön hart. Aber ich denke, es hilft mir, Fans zu gewinnen, dadurch, dass ich bei 'Jazz at the Philharmonic' mitmache."
Diese Konzertreihe des Impresarios Norman Granz ist ein mutiger Vorstoß, auch im Kampf um Rassengleichheit. Nach 20 Jahren im Showbusiness hat Ella schon über 22 Millionen Platten verkauft. 40 bis 45 Wochen pro Jahr ist der Workaholic des Scatgesangs auf Tournee. Doch irgendwann:
"In München bin ich ausgerastet. Mein Drummer musste mich packen und von der Bühne bringen. Die Leute merkten, irgendwas stimmt hier nicht, aber sie haben heftig applaudiert und wollten den Saal nicht verlassen."
Lebenslang kämpfte Fitzgerald mit Lampenfieber
Sie versucht sich mehr und mehr im Popbereich. Eine scheue einsame Frau, die Kochbücher sammelt, viel fernsieht und Weihnachtslieder aufnimmt. Ihren ungeheuren Appetit, ihre Ess-Sucht wird sie nie los; sie ist eine Frau, die lebenslang mit Lampenfieber kämpft, aber auf der Bühne überhaupt erst lebendig wird.
"Ich möchte wieder heiraten. Suchen tue ich immer noch. Jeder braucht Begleitung."
Am 15. Juni 1996 – drei Jahre nach ihrem letzten öffentlichen Auftritt – verstummt eine der großen Stimmen des Jazz. Ella Fitzgerald stirbt mit 79 Jahren.