100 Jahre Olivier Messiaen
Er gehört zu den wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, der Franzose Olivier Messiaen. Am 10. Dezember vor 100 Jahren wurde er im südfranzösischen Avignon geboren. Studiert hat er am berühmten Pariser Konservatorium. 1931 übernahm er die Organistenstelle an der Pariser Kirche Saint-Trinite, die er 60 Jahre lang innehatte.
Er gilt als einer der weltbesten Interpreten der Musik von Olivier Messiaen, der schwedische Organist Hans-Ola Ericsson. Einen Teil seiner Ausbildung hat er beim Meister selbst an der Pariser Kirche St. Trinite absolviert. Die Begeisterung für Messiaen packte ihn schon während der Pubertät …
"Ich hatte als 13-/14-jähriger Anfänger an der Orgel ein paar Stücke von Messiaen gespielt, und als ich 15 war ging ich, so wie viele Leute vor 35 Jahren, auf Interrail-Fahrt und meine Interrail-Fahrt ging natürlich nach Paris, denn ich musste diesen Komponisten unbedingt auch live hören.!"
""Dann war ich ein Wochenende in Trinite und dann hab ich gewartet und dann passierte etwas Unglaubliches! Und dann wurde improvisiert, und das war wirklich ein Erlebnis, ein Schlüssel-Erlebnis in meinem musikalischen Schaffen!"
"Für mich war das eine Musik, das hat solche Dimensionen und so eine Tiefe gehabt, und das hat sich im Laufe der Zeit nur noch mehr gesteigert. Diese Musik kann man eigentlich von der Qualität und von der theologischen Tiefgründigkeit und von der instrument-technischen schreibweise eigentlich nur mit der Musik von Johann Sebastian Bach vergleichen …"
Wie die meisten seiner schwedischen Landsleute gehört Hans-Ola Ericsson der evangelisch-lutherischen Konfession an. Olivier Messiaen dagegen hatte seine geistliche Heimat im römischen Katholizismus französischer Provinienz. Das, so Ericsson, spürt man selbstverständlich auch in der Musik.
"Die gregorianischen Zitate, die er verwendet, die Texte die er verwendet, findet man natürlich in den Gottesdiensten …"
Olivers Messiaens Musik ist aus der katholischen Tradition erwachsen, doch ist sie dadurch "katholische" Musik? Der Protestant Christoph Krummacher, Organist und Leiter des kirchenmusikalischen Institutes an der Leipziger Musikhochschule, sagt "nein" …
Krummacher: "Wenn man sich mal anguckt, was steht über Messiaens Orgelstücken und da steht sehr viel drüber und sehr oft etwas drüber, dann sind es zu einem erheblichen Teil Bibelverse, die angegeben sind, und die sind nun weder katholisch noch evangelisch …"
Schleiermacher: "Also Messiaen ist ja einer von den Komponisten, die also minutiöse Vorworte liefern, wo also der geistige Hintergrund alles andere als richtig konventionell katholisch ist …"
Erläutert der Komponist und Messiaen-Experte Steffen Schleiermacher, der sich selbst Atheist bezeichnet.
"Da geht’s ja wüst durcheinander mit Farben und Klängen und Vogelrufen und so. Das sind ja nun nicht nur Bibelzitate die da kommen …"
Krummacher: "Neben aller christlichen Spiritualität, die bei Messiaen zweifelsohne vorhanden ist und beabsichtigt ist, gibt es auch noch ganz andere Schichten. Ich sage mal nur das Stichwort Vogelstimmen oder bestimmte rhythmische Bildungen, die aus der indischen Musiktradition kommen. Da stellt sich gar nicht die Frage zunächst: Was weiß ich vom Christentum? oder Was weiß ich von katholischer Frömmigkeit?"
Ericsson: "Die Musik gehört wirklich eng zusammen mit seiner Philosophie von Klängen, von Rhythmen, von Vogelgesängen. Er hat sich ja als erstes als Ornithologe verstanden, als zweites als Rhythmiker und drittens als Komponist von Musik, das muss man sich vorstellen!"
Wenn Olivier Messiaens Musik "katholisch" ist, dann ist sie es also nur "auch", aber keinesfalls ausschließlich. Können also auch evangelische Organisten ihr gerecht werden, sie angemessen interpretieren? Christoph Krummacher, Protestant und Leiter des Kirchenmmusikalischen Institutes der Leipziger Musikhochschule, ist davon unbedingt überzeugt.
"Also ich glaube, man muss nicht katholisch sein, um Messiaen spielen zu können, sie könnten dann ebenso gut fragen 'Wie evangelisch muss man sein, um Bach´sche Choralbearbeitungen spielen zu können?'. Das Ganze ist ganz sicher nicht eine Frage der Konfession."
Allerdings, so betont Christoph Krummacher, empfiehlt es sich doch, die Gedankenwelt des Katholizismus zu studieren, etwa das Verständnis des Abendmahls. Dass sich Brot und Wein auf dem Altar leibhaft in Leib und Blut Christi verwandeln muss man als Interpret nicht selbst glauben, aber wissen, dass Messiaen es geglaubt hat. Zumindest dann, wenn man Stücke aus dem "Livre du Saint-Sacrement", dem Orgelbuch vom Heiligen Sakrament spielt.
Krummacher: "Da gibt es sicherlich ein paar Dinge, die eher aus der katholischen Eucharistiefrömmigkeit kommen, als aus der lutherischen oder allgemein protestantischen Tradition, da ist der Anweg aber nicht so weit."
Auf sich nehmen sollte man diesen Anweg auf jeden Fall, betont Hans-Ola Ericson, wenn man Messiaen auch als Hörer erfassen will.
Ericsson: "Für mich als Lutheraner war das eine fantastische Möglichkeit, tiefer in christliche Gedanken überhaupt zu kommen durch seine Musik."
"Ich glaube , es ist wirklich ein Fehler, wenn man nicht das, was die größte Inspiration für den Komponisten war, auch einbezieht, es schadet ja auch nicht auch ein Atheist kann ja andere Philosophien, andere Lebensanschauungen studieren und dabei geistig reicher werden … Die Musik hat halt ungeheure Kraft und Intensität, und das ist ja das Wichtigste."
Das meint auch der Komponist, Messiaen-Kenner und Atheist Steffen Schleiermacher. Für ihn weit wichtiger als die philosophischen sind allerdings die konkreten musikalischen Fähigkeiten, die der Interpret mitbringt.
Schleiermacher. "Das ist eben Musik und nicht klingender Katholizismus! Entweder ich habe ein interpretatorisches Feuer in mir und dann spiele ich Messiaen so wie er sein Muss, also nicht sehr verhalten, sondern voller Glut. Aber das ist genau der gleiche interpretatorische Hintergrund, mit dem man Beethoven, Bach oder Mahler spielen kann. Ob das nun ein Buddhist ist, ein Calvinist, ein Hinduist, das ist völlig egal."
"Ich hatte als 13-/14-jähriger Anfänger an der Orgel ein paar Stücke von Messiaen gespielt, und als ich 15 war ging ich, so wie viele Leute vor 35 Jahren, auf Interrail-Fahrt und meine Interrail-Fahrt ging natürlich nach Paris, denn ich musste diesen Komponisten unbedingt auch live hören.!"
""Dann war ich ein Wochenende in Trinite und dann hab ich gewartet und dann passierte etwas Unglaubliches! Und dann wurde improvisiert, und das war wirklich ein Erlebnis, ein Schlüssel-Erlebnis in meinem musikalischen Schaffen!"
"Für mich war das eine Musik, das hat solche Dimensionen und so eine Tiefe gehabt, und das hat sich im Laufe der Zeit nur noch mehr gesteigert. Diese Musik kann man eigentlich von der Qualität und von der theologischen Tiefgründigkeit und von der instrument-technischen schreibweise eigentlich nur mit der Musik von Johann Sebastian Bach vergleichen …"
Wie die meisten seiner schwedischen Landsleute gehört Hans-Ola Ericsson der evangelisch-lutherischen Konfession an. Olivier Messiaen dagegen hatte seine geistliche Heimat im römischen Katholizismus französischer Provinienz. Das, so Ericsson, spürt man selbstverständlich auch in der Musik.
"Die gregorianischen Zitate, die er verwendet, die Texte die er verwendet, findet man natürlich in den Gottesdiensten …"
Olivers Messiaens Musik ist aus der katholischen Tradition erwachsen, doch ist sie dadurch "katholische" Musik? Der Protestant Christoph Krummacher, Organist und Leiter des kirchenmusikalischen Institutes an der Leipziger Musikhochschule, sagt "nein" …
Krummacher: "Wenn man sich mal anguckt, was steht über Messiaens Orgelstücken und da steht sehr viel drüber und sehr oft etwas drüber, dann sind es zu einem erheblichen Teil Bibelverse, die angegeben sind, und die sind nun weder katholisch noch evangelisch …"
Schleiermacher: "Also Messiaen ist ja einer von den Komponisten, die also minutiöse Vorworte liefern, wo also der geistige Hintergrund alles andere als richtig konventionell katholisch ist …"
Erläutert der Komponist und Messiaen-Experte Steffen Schleiermacher, der sich selbst Atheist bezeichnet.
"Da geht’s ja wüst durcheinander mit Farben und Klängen und Vogelrufen und so. Das sind ja nun nicht nur Bibelzitate die da kommen …"
Krummacher: "Neben aller christlichen Spiritualität, die bei Messiaen zweifelsohne vorhanden ist und beabsichtigt ist, gibt es auch noch ganz andere Schichten. Ich sage mal nur das Stichwort Vogelstimmen oder bestimmte rhythmische Bildungen, die aus der indischen Musiktradition kommen. Da stellt sich gar nicht die Frage zunächst: Was weiß ich vom Christentum? oder Was weiß ich von katholischer Frömmigkeit?"
Ericsson: "Die Musik gehört wirklich eng zusammen mit seiner Philosophie von Klängen, von Rhythmen, von Vogelgesängen. Er hat sich ja als erstes als Ornithologe verstanden, als zweites als Rhythmiker und drittens als Komponist von Musik, das muss man sich vorstellen!"
Wenn Olivier Messiaens Musik "katholisch" ist, dann ist sie es also nur "auch", aber keinesfalls ausschließlich. Können also auch evangelische Organisten ihr gerecht werden, sie angemessen interpretieren? Christoph Krummacher, Protestant und Leiter des Kirchenmmusikalischen Institutes der Leipziger Musikhochschule, ist davon unbedingt überzeugt.
"Also ich glaube, man muss nicht katholisch sein, um Messiaen spielen zu können, sie könnten dann ebenso gut fragen 'Wie evangelisch muss man sein, um Bach´sche Choralbearbeitungen spielen zu können?'. Das Ganze ist ganz sicher nicht eine Frage der Konfession."
Allerdings, so betont Christoph Krummacher, empfiehlt es sich doch, die Gedankenwelt des Katholizismus zu studieren, etwa das Verständnis des Abendmahls. Dass sich Brot und Wein auf dem Altar leibhaft in Leib und Blut Christi verwandeln muss man als Interpret nicht selbst glauben, aber wissen, dass Messiaen es geglaubt hat. Zumindest dann, wenn man Stücke aus dem "Livre du Saint-Sacrement", dem Orgelbuch vom Heiligen Sakrament spielt.
Krummacher: "Da gibt es sicherlich ein paar Dinge, die eher aus der katholischen Eucharistiefrömmigkeit kommen, als aus der lutherischen oder allgemein protestantischen Tradition, da ist der Anweg aber nicht so weit."
Auf sich nehmen sollte man diesen Anweg auf jeden Fall, betont Hans-Ola Ericson, wenn man Messiaen auch als Hörer erfassen will.
Ericsson: "Für mich als Lutheraner war das eine fantastische Möglichkeit, tiefer in christliche Gedanken überhaupt zu kommen durch seine Musik."
"Ich glaube , es ist wirklich ein Fehler, wenn man nicht das, was die größte Inspiration für den Komponisten war, auch einbezieht, es schadet ja auch nicht auch ein Atheist kann ja andere Philosophien, andere Lebensanschauungen studieren und dabei geistig reicher werden … Die Musik hat halt ungeheure Kraft und Intensität, und das ist ja das Wichtigste."
Das meint auch der Komponist, Messiaen-Kenner und Atheist Steffen Schleiermacher. Für ihn weit wichtiger als die philosophischen sind allerdings die konkreten musikalischen Fähigkeiten, die der Interpret mitbringt.
Schleiermacher. "Das ist eben Musik und nicht klingender Katholizismus! Entweder ich habe ein interpretatorisches Feuer in mir und dann spiele ich Messiaen so wie er sein Muss, also nicht sehr verhalten, sondern voller Glut. Aber das ist genau der gleiche interpretatorische Hintergrund, mit dem man Beethoven, Bach oder Mahler spielen kann. Ob das nun ein Buddhist ist, ein Calvinist, ein Hinduist, das ist völlig egal."