Alan Posener wurde in London geboren und wuchs in Kuala Lumpur und Berlin auf. Er war Lehrer und freier Autor und kam erst spät zum Journalismus, wo er sich schnell einen Namen als pointierter Kommentator und Blogger gemacht hat. Heute ist er Korrespondent für Politik und Gesellschaft bei der "Welt"-Gruppe. Posener hat zahlreiche Bücher geschrieben, darunter "Imperium der Zukunft – Warum Europa Weltmacht werden muss" (Pantheon 2007) und "Benedikts Kreuzzug: Der Kampf des Vatikans gegen die moderne Gesellschaft" (Ullstein 2009).
Der Mensch im Mittelpunkt
Die Waldorfschulen werden 2019 hundert Jahre alt. Die Schulkinder seien dort in der Regel glücklicher als in städtischen Schulen, sagt der Journalist Alan Posener, der selbst früher einmal Lehrer war. Er wünscht sich deshalb mehr Privatschulen.
1919 wurde die erste Waldorfschule in Stuttgart gegründet. Heute gibt es mehr als tausend Schulen dieses Typs und knapp 2000 Waldorfkindergärten in mehr als 70 Ländern. Im kommenden Jahr feiert die Schulform ihren 100. Geburtstag.
"Die Waldorfschulen basieren auf einer anti-nationalistischen, inklusiven Vorstellung von Menschsein", lobt der "Welt"-Journalist und frühere Lehrer Alan Posener das Schulmodell. Das sei - zumal in Deutschland - "etwas ganz Großartiges".
Es sei kein Zufall, dass die Waldorfschulen während der NS-Herrschaft und in der DDR unter den Kommunisten verboten gewesen seien, betonte der Autor im Deutschlandfunk Kultur: "Die Nazis haben gesagt, im Zentrum bei den Waldorf-Leuten steht das Individuum und diesen Individualismus lehnen wir ab."
Lob für das pädagogische Konzept
Dabei beziehe sich gerade dieser Individualismus auf das Humboldtsche Bildungsideal, sagte Posener. "Genau das müsste man viel mehr in den Mittelpunkt stellen." Die Waldorfschulen seien die ersten Gesamtschulen in Deutschland gewesen und hätten die Zensurfreiheit bis zu 10. Klasse propagiert.
"Das sind alles große Dinge und davon muss man abziehen das Sektenhafte, das vielleicht nötig ist, um die Einheit von Lehrenden und Eltern herzustellen." Die Waldorfschule gebe Fächern wie Theater, Kunst und Musik sehr viel mehr Gewicht. Ihm gefalle, dass die Schulen sich weigerten, "fertige Staatsbürger und gute Arbeitnehmer" zu produzieren, sondern vor allem Menschen entwickele.
Privatschulen dürfen Eltern auswählen
Bei der Debatte um das Kind eines AfD-Politikers, das Mitte Dezember an einer Berliner Waldorfschule nicht angenommen wurde, wiederholte Posener seine Position, die er bereits in seinem Artikel "Hut ab vor dieser Waldorfschule!" in der Zeitung "Die Welt" vertreten hatte. "Eine private Schulgemeinschaft hat das Recht, sich ihre Eltern auszusuchen und zu sagen: 'Du passt nicht zu uns.'" Der AfD-Politiker habe das skandalisieren wollen. "Was sucht er an einer solchen Schule? Alles, was er vertritt, ist im vollkommenen Gegensatz zu dem, was die Leute wollen."
Glücklichere Kinder
Es sei klar, dass auch eine jüdische Schule nicht jemanden aufnehmen müsse, der Anti-Zionist sei oder eine katholische Schule entschiedene Papstgegner. Die Frage sei, ob man nicht einen größeren Teil des Schulsystems privatisieren sollte, sagte Posener. "Die Schüler in Waldorfschulen sind glücklicher in der Regel als die Schüler in städtischen Schulen." Das gelte auch für private Reformschulen. Darum müsse es doch gehen: Dass die Kinder glücklich seien. (gem)