15 Jahre Twitter

Der blaue Vogel flattert Richtung Zukunft

03:18 Minuten
Silhouette einer Frau mit Mobiltelefon in der Hand, im Hintergrund das Vogel-Symbol von Twitter.
Twitter überrascht zum 15-jährigen Bestehen mit neuen Ideen, meint unser Kommentator Hagen Terschüren. © picture alliance / dpa / Franziska Gabbert
Ein Kommentar von Hagen Terschüren |
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Twitter wird 15 Jahre alt. Etwa fünfeinhalb Millionen Menschen nutzen die Plattform hierzulande. Ihr Einfluss sei aber größer, als die Zahl vermuten lässt, kommentiert Hagen Terschüren. Neue Features sollen den Dienst nun fit für die Zukunft machen.
Immer wenn das Wort "Twitter" fällt, sieht man Augen rollen. Entweder, weil das Gegenüber eh auf der Seite unterwegs ist und darum schon weiß, was gerade trendet, oder weil es zu den 93 Prozent der Deutschen gehört, die vermutlich nicht ohne Grund keinen Account auf der Plattform haben.
Trotzdem hören Menschen das Wort "Twitter" vermutlich häufiger als zum Beispiel "Facebook", obwohl da scheinbar jeder zu finden ist. Kein Wunder: Auf dem Kurznachrichtendienst tummeln sich gefühlt vor allem Politikerinnen und Politiker, Promis, Journalistinnen und Journalisten - dementsprechend schnell entstehen dann dort auch Nachrichten.

Die Weiterentwicklung stagnierte immer wieder

Doch mediale Aufmerksamkeit allein zahlt keine Rechnungen. Der Börsenwert von Twitter ist nicht einmal zehn Prozent dessen, was Facebook zu bieten hat. Und auch wenn 187 Millionen Menschen, die täglich Tweets checken, nach viel klingt - bei Facebook sind es zwei Milliarden. Oder anders gesagt: über ein Viertel der Weltbevölkerung!
Unter immer wieder wechselnden Chefs stagnierte die Weiterentwicklung Twitter. In dem Produkt hat sich das deutlich gezeigt. Die Videotochter Vine wurde eingestellt - TikTok ist heute mit einem ähnlichen Konzept der Star am Social-Media-Himmel. Das Livestreaming-Angebot Periscope ist im Nichts versandet, während Twitch, Youtube und Instagram mit Liveprogrammen große Erfolge feiern.
Bei einem Call mit Investoren gab Twitter vor kurzem sogar zu, die Produktentwicklung verschlafen zu haben. Das soll sich jetzt ändern.

Radikale und vielversprechende neue Ideen

Und tatsächlich: Das Unternehmen gibt gerade richtig Gas.
Unter dem Namen "Spaces" klont die Plattform gerade die gehypte Social-Audio-App-Clubhouse mit einem riesigen Vorteil: Statt auf Kontakte aus meinem Telefonbuch zu setzen - wie Clubhouse es tut -, kann Twitter auf die eigenen Daten zugreifen. Und in denen sind genau diejenigen zu finden, die ich spannend finde und denen ich wahrscheinlich zuhören will. Und das sind eben oft Personen, deren Nummer ich eben nicht abgespeichert habe.
Mit dem neuen "Super-Follows"-Konzept können User bald außerdem bestimmte Tweets nur für zahlende Abonnenten freischalten - eine direkte Attacke auf Plattformen wie Patreon und Onlyfans. Mit dem Vorteil, dass das alles an einem Ort geschieht, wo man eh schon ist.
Dazu kommt "Bluesky", ein radikal neuer Ansatz, Moderation von Tweets durch die User selbst zu regeln. Der wird bisher nur getestet, aber beweist, dass Twitter nicht nur kopieren kann, sondern auch eigene Ideen auf den Markt bringt.

Eine App kriegt die Kurve

Jetzt zu ihrem Jubiläum scheint die App mit dem blauen Vogel endlich die Kurve gekriegt zu haben. Wenn die Plattform in diesem Tempo weitermacht, ist die Chance hoch, dass es sie auch in 15 Jahren noch gibt.
Und dass Menschen dann nicht mehr mit den Augen rollen, wenn sie den Namen Twitter hören.

Twitter bedeutet nicht nur Austausch und interessante Informationen, sondern auch für viele Nutzerinnen und Nutzer die tägliche Dosis schlechter Nachrichten. Warum wir danach geradezu süchtig sind und was wir dagegen tun können, darüber sprachen wir mit der Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Hajek:
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