"Mehr als Worte: 150 Jahre Postkarte", vom 21. August 2019 bis 5. Januar 2020 im Museum für Kommunikation in Berlin
Wie ein kleines Geschenk an die Freundschaft
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Noch immer schicken viele Menschen gerne einen handgeschriebenen Gruß per Postkarte - der oft erst Wochen, nachdem der Schreiber wieder zu Hause ist, ankommt. Zu ihrem 150. Geburtstag bekommt die Postkarte jetzt in Berlin eine Ausstellung.
Was gab es nicht für Widerstände gegen die Einführung dieser neumodischen Erfindung! Sie läute das Totenglöckchen für den Brief. Sie sei etwas für Faulenzer, die keine Lust auf lange Texte hätten. Und die Informationen seien für jedermann (mit-)lesbar.
Die Rede ist nicht von SMS oder WhatsApp-Nachrichten, sondern von – der guten alten Postkarte. 150 Jahre hat sie auf dem Buckel, 1869 wurde die erste in Österreich verschickt, Deutschland folgte 1870. In Berlin widmet das Museum für Kommunikation dem Pappkärtchen, das, streng genormt, fast immer 10 mal 14,8 Zentimeter groß ist, ab 21. August eine Ausstellung: "Mehr als Worte. 150 Jahre Postkartengrüße".
Veit Didczuneit, Kurator der Schau, die das Phänomen Postkarte in sechs Kapiteln beleuchtet, hat Favoriten unter den Ausstellungsstücken: "Wir haben eine Postkarte ausgestellt aus der Zeit um 1904: Ein Liebespaar schreibt sich in Karlsruhe Briefe. Und er übermittelt einen Guten-Morgen-Gruß, er übermittelt einen Guten-Tag-Gruß, einen Guten-Abend-Gruß und einen Gute-Nacht-Gruß. Mit vier Karten an einem Tag! Und das war eben möglich, weil die Post so oft zugestellt wurde – in Berlin etwa bis zu elf Mal am Tag."
Interessant: Die Postkarten seien in ihrer ersten Zeit auch als Kurzinformationsmittel für wirtschaftliche Transaktionen verwendet worden - wenn es mal sehr schnell gehen musste, berichtet Didczuneit.
Die Zahl der Postkarten hat sich seit 1998 halbiert
Seither hat die Beliebtheit der Postkarte als Kommunikationsmittel rapide abgenommen. 1998 seien in Deutschland noch etwa 400 Millionen Karten verschickt und zugestellt worden. Heute sind es unter 200 Millionen. Dafür erfreuten sich sogenannte Hybrid-Postkarten zunehmender Beliebtheit, sagt Didczuneit: Über spezielle Apps können selbstgemachte Fotos online als Postkarte verschickt werden – sie werden durch einen Dienst ausgedruckt und als Papierkarte per Post zugestellt.
"Wenn der handgeschriebene Brief heutzutage ein großes Geschenk ist, dann ist die Postkarte ein kleines Geschenk. Und kleine Geschenke erhalten die Freundschaft und stärken auch die Gemeinschaft."
Außerdem erzählen Postkarten Geschichten – manchmal von Reisen um die halbe Welt. "Und solche Geschichten suchen und erzählen wir auch", sagt Didczuneit. Das seien in der Ausstellung die besonders schönen Objekte, bei denen die Besucherinnen und Besucher immer stehen blieben und sich alles genau durchläsen. Und sich anschließend darüber austauschten. "Und wir wollen ja zur Kommunikation anstiften", betont der Kurator.
(mkn)