17. Architekturbiennale in Venedig

Kahle Wände mit kleinen schwarzen Quadraten

06:59 Minuten
Blick in den deutschen Pavillon bei der 17. Architekturbiennale in Venedig. Der Pavillion ist leer, abgesehen davon, dass an einigen Wänden einzelne größere schwarz-weiße QR-Codes angebracht sind.
Nur virtuell: Der deutsche Pavillon hat keine analoge Ausstellung. Doch genau das vermisst unser Architekturkritiker Nikolaus Bernau. © Nikolaus Bernau
Nikolaus Bernau im Gespräch mit Andrea Gerk |
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Bei der Architekturbiennale in Venedig stehen Zukunftsfragen wie Klimawandel und Migration im Fokus. Es gebe viele tolle Beiträge, sagt Kritiker Nikolaus Bernau. Nur der deutsche Pavillon habe sein Potenzial nicht genutzt.
Eigentlich sollte die 17. Architekturbiennale in Venedig schon im vergangenen Jahr stattfinden. Die Corona-Pandemie zwang die Veranstalter jedoch, das Festival zu verschieben. Jetzt wird sie am 22. Mai eröffnet und die Pressevertreter durften vorab schon einen Rundgang machen.

Der deutsche Pavillon bewegt die Emotionen

Im Wettbewerb der internationalen Ausstellung sind 112 Teilnehmer aus 46 Ländern und der deutsche Pavillon hat, so Architekturkritiker Nikolaus Bernau, sofort für Gesprächsstoff sorgt: "Wir haben uns mit den Niederländern und Franzosen getroffen und heftig über den deutschen Pavillon gesprochen. Und man kann ganz klar sagen, dass er die Emotionen bewegt."
Der deutsche Beitrag, von einem Team um die Architekten Olaf Grawert, Arno Brandlhuber, Nikolaus Hirsch und den Filmkünstler Christopher Roth entworfen, steche durch seine Abstraktheit hervor, so Bernau. "Der deutsche Pavillon ist total leer. Es ist nichts zu sehen, außer an den Wänden kleine schwarze Quadrate."
Die schwarzen Quadrate sind QR-Codes, die der Besucher mit dem Handy ablesen kann, um dann auf eine Internetseite weitergeleitet zu werden, auf der es diverse Filmbeiträge zu sehen gibt, darüber, wie das Leben in 2038 aussehen wird, "wenn wir dann alle großen Krisen dieser Welt überwunden haben".

Nur im Internet ist zu wenig

Obwohl er das Projekt an sich gut finde, sei es aber auch problematisch. Denn es spiele sich quasi nur im Internet ab. Für den Biennale-Kenner Bernau ein Grund, sich zu ärgern. "Ich finde, eine Ausstellung ist ein eigenes Medium. Das kann man auch bedienen. Doch dort wurde einfach nur das Internet an die Wand geklebt, und das bringt überhaupt gar nichts."
Sicherlich könnten über das Internet global mehr Menschen an dem Projekt teilhaben und müssten nicht nach Venedig fahren. Aber das sei nicht der Sinn der Ausstellung. Andere Länder hätten ihre Projekte besser umgesetzt.
Blick in den polnischen Pavillon bei der 17. Architekturbiennale in Venedig. Entland den Wänder sind mit Landschaftsfotografien bedruckte Vorhänge aufgehängt und in der Mitte befindet sich ein langer Tische mit weißen Modellen und Informationstafeln.
Der polnische Pavillon greift die Frage der Landschaftsgestaltung auf und das Verhältnis von Stadt zu Land. © Nikolaus Bernau
"Viel interessanter haben es zum Beispiel die Polen gemacht, finde ich. Die haben sowohl den Online-Auftritt gemacht und eine internationale Befragung, ein sehr spannendes Projekt. Aber sie machen vor allem ihr Projekt über die Landschaftsgestaltung in Polen und die Probleme, die damit entstehen."

Ausstellungen ansehen und davon lernen

Dazu hat das polnische Team "sehr ästhetisch" riesige Kulissenvorhänge eingebaut, auf dem die Landschaft zu sehen ist. Daneben werden noch diverse Modelle und Erklärungen präsentiert.
"Es macht Spaß, diese Ausstellung anzusehen, und man lernt ganz viel. Und das ist wirklich, finde ich, die Idee von Ausstellung."
Die Hauptschau des Kurators Hashim Sarkis mit der Frage "How will we live together?" – "Wie leben wir in Zukunft zusammen?" sei auch sehr interessant und spannend.
"Er zeigt sehr, sehr unterschiedliche Perspektiven auf die Welt", so Bernau, und greife dabei diverse Aspekte auf wie den Umweltschutz, Ressourcenverwendung und Flüchtlingskrise. "Es ist eine sehr politische Ausstellung sowie kritisch und spannend, ohne dabei völlig intellektuell überladen zu sein. Ich fand es sehr gelungen."
(kpa)
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