1917, 1968 und kommende

Haben Revolutionen ein Geschlecht?

Mann, Frau, beides? Welches Geschlecht hat die nächste Revolution?
Mann, Frau, beides? Welches Geschlecht hat die nächste Revolution? © Toa Heftiba / Unsplash
Bini Adamczak im Gespräch mit Simone Miller |
Inwiefern war die Russische Revolution männlich und die 68-Revolution weiblich? Und welches Geschlecht wird eine möglicherweise kommende Revolution haben? Die Philosophin Bini Adamczak hat sich mit Geschlechterfragen in Sachen Revolution auseinandergesetzt.
Wer verkörpert den "Neuen Menschen" der Russischen Revolution am besten? Die Berliner Philosophin Bini Adamczak ist überzeugt: der Drag King. Typisch männlich auftretende Frauen in Soldatenmützen, Stiefeln und Reithosen, mit wilden Haaren und billigen Zigaretten im Mundwinkel wurden in der Sowjetunion der 20er-Jahre zum Massenphänomen.
Kein Wunder, meint Adamczak, denn das Ziel von 1917 war zwar Gleichheit, allerdings Gleichheit mit den Männern. Adamczak zufolge hat die Russische Revolution "Brüderlichkeit" im wörtlichen Sinne verwirklicht und damit eine halbierte soziale Welt, in der das Private der männlich dominierten Logik des Öffentlichen unterstellt wurde.

"Gleichheit ist schön, aber..."

Die 68er haben die Erfahrungen von 1917 vom Kopf auf die Füße gestellt – Adamczak: "Die Gleichheits-Vorstellung von 1917, die eine Gleichheit mit den Männern ist, gerät ab 1968 in die Krise. Die Frauen, die ihre eigene Emanzipations-Bewegung anstoßen, sagen: "Gleichheit ist schön, aber warum muss das die Gleichheit mit diesen Idioten sein?"
Inwiefern verweiblicht '68 die Arbeitswelt und Öffentlichkeit? Warum steht die handtaschenhauende Drag Queen sinnbildlich für die Bewegung? Wenn die letzten beiden Revolutions-Wellen ein heimliches Geschlecht hatten, was bedeutet das dann für eine möglicherweise kommende? Und worum könnte es einer künftigen Revolution überhaupt gehen? Darüber haben wir mit Bini Adamczak gesprochen.

Literatur-Hinweis
Bini Adamczak: "Beziehungsweise Revolution. 1917, 1968 und kommende"
edition suhrkamp, Berlin 2017
320 Seiten für 18 Euro

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