20 Gründe für Spaß an moderner Kunst
Mit Humor und Selbstironie zeigt dieses Buch, wieso moderne Kunst Spaß macht. Der Umgang mit ihr verläuft nicht immer in beabsichtigten Bahnen, wenn Besucher Beuys Badewanne beispielsweise als Sektkübel benutzen. Es lohnt sich, Kunstwerke ganz unbefangen zu betrachten, denn dann zeigt sich schnell: Kunst ist sauinteressant!
Wenn es um moderne Kunst geht, scheiden sich die Geister. Zwar vermelden Großereignisse wie die Documenta oder die Biennale in Venedig seit Jahren Besucherrekorde, aber die Zahl derer, die sich über Mega-Events hinaus mit zeitgenössischer Malerei oder Skulptur beschäftigen, ist klein. Für viele ist moderne Kunst schlichtweg hermetisch. Dabei wendet sie sich tatsächlich an jeden, so jedenfalls die Behauptung der Kunstkritikerin Sandra Danicke. Anhand von 20 Werken zeitgenössischer Künstler versucht sie zu zeigen, dass ein vorurteilsloser Blick und ein offener Geist genügen, um sich dem vermeintlich Schwierigen, Abstrakten, Verschlossenen zu nähern und sich seine eigene Meinung zu bilden. Ganz ohne Berührungsängste und den Zwang, alles bis ins kleinste Detail interpretieren und verstehen zu müssen.
Die Positionen, die Danicke versammelt, sind klug gewählt, denn sie zeigen ein ganzes Spektrum moderner Kunst. Zu ihnen gehören etwa die Figuren Duane Hansons, Objekte von Andreas Slominski, die Farbmalerei von Katharina Grosse, Skulpturen von Damien Hirst und Jeff Koons, zerknitterte Papiere von Martin Creed, Schneebälle von David Hammons oder die gigantisch aufgestapelten Zimmereinrichtungen von Florian Slotawa.
Jedes dieser Werke wird zunächst seitengroß abgebildet und anschließend eingehend betrachtet. Dabei listet Danicke anfangs genüsslich auf, was einem dabei alles in den Sinn kommen kann, inklusive möglicher Empörung. "Das ist nun wirklich dreist" formuliert sie etwa angesichts des mit der gesamten Habe eines Obdachlosen voll gepackten Fahrrads von Andreas Slominski, und wenn es um die Spraybilder Katharina Grosses geht, weiß Danicke: "Das gibt es doch in jedem U-Bahnhof." Nach diesen ersten, in ihrer Rotzigkeit erfrischenden Aussagen geht sie langsam in die Tiefe. Denn, tatsächlich, wenn man genauer hinguckt, malen U-Bahn-Sprayer anders und stellen Obdachlose ihre Fahrräder nicht in Museen ab.
Es ist bestechend, was die Kunstkritikerin durch das bloße, minutiöse Aufzählen dessen, was sich sehen lässt, erklären kann. Beispielsweise wenn sie das Arzneischränkchen Damien Hirsts als Psychogramm ihres Besitzers entschlüsselt und die Ängste und Schwachstellen aufzeigt, die jede beliebige Hausapotheke offen legt. Darauf kann jeder kommen, ganz ohne Spezialisten- und Insiderwissen.
Dass Sandra Danicke dieses zusätzlich bietet, macht ihr Buch umso schöner. Es ist interessant zu erfahren, wie Konservatoren mit dem Staub auf Yves Kleins Schwammobjekten kämpfen, oder dass Duane Hansons lebensechte Frauenfigur im Museum diverse Male einfach umgerannt wurde. Wenn Danicke schreibt, dass "man daran gewöhnt ist, dass Menschen wie sie ausweichen", gelingt ihr mehr, als nur eine zusätzliche Information zu geben. Sie zeigt, schlicht und einfach, wie viele Geschichten, Denkanstöße und Interpretationsmöglichkeiten in jedem einzelnen Werk stecken. So einfach, so komplex und so bereichernd kann der Umgang mit moderner Kunst sein! Seltsamerweise kommt dieses inhaltlich wunderbar unprätentiöse Buch in knalligem Pink daher und trägt zudem den effekthascherischen Titel "Kunst interessiert keine Sau". Wäre gar nicht nötig gewesen.
Besprochen von Eva Hepper
Sandra Danicke: Kunst interessiert keine Sau
88 Seiten, Belser Verlag, Stuttgart 2011, 12,95 Euro
Die Positionen, die Danicke versammelt, sind klug gewählt, denn sie zeigen ein ganzes Spektrum moderner Kunst. Zu ihnen gehören etwa die Figuren Duane Hansons, Objekte von Andreas Slominski, die Farbmalerei von Katharina Grosse, Skulpturen von Damien Hirst und Jeff Koons, zerknitterte Papiere von Martin Creed, Schneebälle von David Hammons oder die gigantisch aufgestapelten Zimmereinrichtungen von Florian Slotawa.
Jedes dieser Werke wird zunächst seitengroß abgebildet und anschließend eingehend betrachtet. Dabei listet Danicke anfangs genüsslich auf, was einem dabei alles in den Sinn kommen kann, inklusive möglicher Empörung. "Das ist nun wirklich dreist" formuliert sie etwa angesichts des mit der gesamten Habe eines Obdachlosen voll gepackten Fahrrads von Andreas Slominski, und wenn es um die Spraybilder Katharina Grosses geht, weiß Danicke: "Das gibt es doch in jedem U-Bahnhof." Nach diesen ersten, in ihrer Rotzigkeit erfrischenden Aussagen geht sie langsam in die Tiefe. Denn, tatsächlich, wenn man genauer hinguckt, malen U-Bahn-Sprayer anders und stellen Obdachlose ihre Fahrräder nicht in Museen ab.
Es ist bestechend, was die Kunstkritikerin durch das bloße, minutiöse Aufzählen dessen, was sich sehen lässt, erklären kann. Beispielsweise wenn sie das Arzneischränkchen Damien Hirsts als Psychogramm ihres Besitzers entschlüsselt und die Ängste und Schwachstellen aufzeigt, die jede beliebige Hausapotheke offen legt. Darauf kann jeder kommen, ganz ohne Spezialisten- und Insiderwissen.
Dass Sandra Danicke dieses zusätzlich bietet, macht ihr Buch umso schöner. Es ist interessant zu erfahren, wie Konservatoren mit dem Staub auf Yves Kleins Schwammobjekten kämpfen, oder dass Duane Hansons lebensechte Frauenfigur im Museum diverse Male einfach umgerannt wurde. Wenn Danicke schreibt, dass "man daran gewöhnt ist, dass Menschen wie sie ausweichen", gelingt ihr mehr, als nur eine zusätzliche Information zu geben. Sie zeigt, schlicht und einfach, wie viele Geschichten, Denkanstöße und Interpretationsmöglichkeiten in jedem einzelnen Werk stecken. So einfach, so komplex und so bereichernd kann der Umgang mit moderner Kunst sein! Seltsamerweise kommt dieses inhaltlich wunderbar unprätentiöse Buch in knalligem Pink daher und trägt zudem den effekthascherischen Titel "Kunst interessiert keine Sau". Wäre gar nicht nötig gewesen.
Besprochen von Eva Hepper
Sandra Danicke: Kunst interessiert keine Sau
88 Seiten, Belser Verlag, Stuttgart 2011, 12,95 Euro